Frau Dr. Baydoun, Sie berichten von mehreren Patienten, die mit schwersten Augenbeschwerden notfallmäßig zu Ihnen in die Augen-klinik kamen. Offenbar war der Eichenprozessionsspinner Anlass?
Wir waren ganz überrascht, seit dem letzten Wochenende haben wir täglich neue Fälle, inzwischen sechs Fälle , wo Patienten die Härchen vom Eichenprozessionsspinner im Auge hatten. Diese Patienten beschrieben, dass sie vorher Fahrrad gefahren sind, Laub aufgewirbelt haben oder bei der Reinigung der Bäume vom Eichenprozessionsspinner zugeschaut haben. Sie beklagen eine Rötung des Auges, ein Fremdkörpergefühl, Tränen, Jucken und starke Schmerzen, sodass wir gesagt haben, dass wir bei diesen Patienten die Härchen operativ entfernen müssen.
Das mit der Operation ist aber gar nicht so einfach…
Ja, im OP mussten wir feststellen, dass die Härchen so fein sind, dass wir sie selbst mit unseren feinsten Instrumenten kaum zu fassen kriegen. Man muss da schon als Operateur das Bild des Auges mit der größten Einstellung vergrößern, sonst könnte man diese kleinen Härchen gar nicht sehen. Und es ist sehr schwierig, die Härchen aus der Hornhaut zu bekommen, in der sie sich festsetzen. Aber generell muss man sagen, dass wir solche Fälle bislang in Münster noch nie hatten und wir es hier mit einem neuen Phänomen zu tun haben, dass unseres Wissens so als Serie deutschlandweit bisher nicht beschrieben ist.
Was empfehlen Sie Patienten, die in diesen Tagen unerklärliche Augenbeschwerden haben und befürchten, das könnte mit dem Ei-chenprozessionsspinner zusammenhängen?
Wir empfehlen Patienten, die plötzlich – auch einseitig – ein rotes Auge haben, das heftig schmerzt, tränt und juckt, nicht einfach abzuwarten, ob das von alleine weggeht. Menschen mit solchen Beschwerden sollten schnell zum Augenarzt gehen und überprüfen lassen, ob da vielleicht etwas im Auge ist. Denn wenn es wirklich der Prozessionsspinner ist, dann werden die Beschwerden ohne Behandlung nicht abklingen.