Zwei Bagger machen das, was Bagger eben so machen. Metertiefe Gräben durchziehen das Gelände. Auf ihrer Sohle sind große Rohre zu erkennen. Es ist nicht zu übersehen: Es tut sich was auf dem Gelände des früheren Parkplatzes am Coesfelder Kreuz. Aber was genau? „Hier soll der künftige Forschungscampus Ost der Universitätsmedizin Münster entstehen“, klärt Prof. Sven Meuth auf. „Das Gelände an der zentralen Kreuzung in Richtung westliche Stadtteile ist Teil des ‚Masterplans Universitätsmedizin‘ und soll später mehrere große Gebäude mit vorwiegend wissenschaftlicher Nutzung beherbergen“, so der Neurologe, der der Medizinischen Fakultät der Universität Münster (Universität Münster) als Dekan vorsteht. Doch damit diese Pläne Realität werden können, sind zunächst vorbereitende Maßnahmen notwendig. Die haben jetzt begonnen.
Die Forschungsinfrastruktur der Universitätsmedizin Münster hat zwei zentrale Limits, resultierend aus einer inzwischen rund hundert Jahre währenden Baugeschichte: eine dezentrale Gliederung mit über 100 Gebäuden und Anlagen sowie zweitens einen Mangel an geeigneten Räumen. „Ein Labor höherer Sicherheitsstufe in ein denkmalgeschütztes Klinikgebäude der 1920er Jahre einzubauen, ist logischerweise aufwändig und teuer“, erläutert Medizin-Dekan Meuth. Neubauten seien effizienter, nicht nur finanziell. Ein Tochterunternehmen der Uniklinik, die UKM IM GmbH, ist für die Bautätigkeit der Uni-Mediziner zuständig und managt auch das Großvorhaben am Coesfelder Kreuz. Dieses ist Bestandteil des “Masterplans“, den das UKM und die Medizinische Fakultät gemeinsam erarbeitet haben, und soll einen wesentlichen Beitrag leisten zu den Oberzielen des Konzepts, nämlich neue Räume zu schaffen, in denen gemeinsam geforscht werden kann, externe Anmietungen abzubauen und den Medizin-Campus stärker nach Nutzungsart – Krankenversorgung, Forschung oder Lehre – sowie nach kooperierenden Fachdisziplinen zu strukturieren.
In diesem Ansatz kommt dem Forschungscampus Ost – der Name sagt es - eine überwiegend forschende Rolle zu. Hier sollen Labore der Institute und Kliniken aus den am Standort Münster verfolgten Schwerpunkten Infektionsmedizin, Krebsforschung, Zell- und Regenerationstherapie sowie die neuropsychiatrische Forschung eine neue Heimat finden. Als bauliches Dach für einen großen Teil davon ist das „Medizinische Forschungs-Centrum“, kurz MedForCe, geplant. Hier ist zudem ein Gebäude vorgesehen, im dem Wissenschaftler verschiedener Fachdisziplinen gemeinsam der Frage nachgehen, wie Hirn und Körper interagieren. Daraus leitet sich auch der Name dieses Gebäudes ab, der mit dem „MedForCe“ einen zusammenhängenden Baukörper bilden soll: „Body & Brain Institute Münster“ (BB IM). Hier soll des Weiteren ein Parkhaus für die Beschäftigten errichtet werden und perspektivisch auch noch ein Bürogebäude. In Summe bekommt die Universitätsmedizin Münster ein großes Angebot modernster, fachübergreifend organisierte Forschungsflächen. „Das ist auch für die Gewinnung der besten Ärztinnen und Ärzte für das UKM eine wichtige Entwicklung“, sagt Prof. Robert Nitsch, Ärztlicher Direktor des UKM, „denn gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät betreiben wir Spitzenforschung zum Wohle unserer Patienten“.
Die Bauvorhaben befinden sich in unterschiedlichen Planungs-, Finanzierungs- und Beantragungsphasen. Bevor es damit aber überhaupt losgehen kann, müssen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden – und da kommt die Stadt Münster ins Spiel. „Die Verwaltung unterstützt uns hervorragend“ freut sich Dr. Christoph Hoppenheit, Kaufmännischer Direktor des UKM, über die kooperative Zusammenarbeit mit der Kommune, die sich als Wissenschaftsstadt versteht. Der neue Forschungscampus erstreckt sich an einer sehr sichtbaren und städtebaulichen bedeutsamen Stelle, weshalb von der ersten Rahmenplanung bis hin zur Gebäudearchitektur ein besonderer Qualitätsanspruch besteht. Um den umzusetzen, haben Stadt und UKM eigens eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen.
Ein zentraler Punkt ist die geänderte Verkehrsführung. So sah der bestehende - aus den 1970er Jahren stammende – Bebauungsplan eine Fortführung der jetzigen Querspange zwischen Rishon-Le-Zion-Ring und Domagkstraße vor, um sie an die Albert-Schweitzer-Straße anzuschließen. „Diese Straße wäre mitten durch den Lindenpark an der psychiatrischen Klinik gegangen und hätte große Teile davon zerstört“, sagt Dr. Hoppenheit – und ergänzt: „Gut, dass das nie umgesetzt wurde“. Um MedForCe und BB IM parallel zum Rishon-Le-Zion-Ring errichten zu können, soll nun das Gegenteil der 1970er-Jahre-Idee gemacht werden: Die Querspange soll verschwinden und überbaut werden; im Gegenzug soll die ursprüngliche historische Erschließung der Uniklinik über die - derzeit abgeriegelte - Sertürnerstraße wieder hergestellt werden. Über diese neue Zufahrt gelangen Autofahrer in das vorgesehene Parkhaus. Die Domagkstraße will das UKM übernehmen, etwa ab der Unterführung schließen und sie - ihrem attraktiven Alleecharakter entsprechend – vorwiegend dem Radverkehr überlassen. Auch bereits die zunächst vorgesehenen Veränderungen an der Verkehrsführung (Überbauung der Domagk-Spange) setzen eine öffentliche Beteiligung inklusive Bürgeranhörung voraus, zu der die Stadt kommenden Dienstag einlädt.
Neben planerischen Vorarbeiten sind für den Forschungscampus auch praktische zu leisten. Um die gesetzliche Frist einzuhalten, wurde zunächst das den Parkplatz umrahmende Buschwerk gerodet. Andernfalls wären diese Arbeiten in die Brutzeit gefallen. Was aktuell auf dem Gelände läuft, ist die Verlegung einer größeren Fernwärmeleitung. Auch müssen noch Bodenuntersuchungen folgen, denn nach derzeitigem Wissenstand dienten Teile des Geländes nach dem Krieg zur Ablagerung von Bauschutt. Wie bei jedem Vorhaben dieser Art wurde auch der Kampfmittelräumdienst eingeschaltet. „Anhaltspunkte für Bombenblindgänger haben sich erfreulicherweise nicht gefunden“, zeigt sich Dr. Hoppenheit zufrieden mit dem Ergebnis der Luftbildauswertung. Verlaufen alle Arbeiten, Fördermittel-Beantragungen und Genehmigungsverfahren nach Plan, hoffen die Verantwortlichen von UKM und Universität Münster auf einen ersten Spatenstich im Herbst dieses Jahres.