Eigentlich ist Ruth Boche am UKM Pflegespezialistin für Schmerzmanagement. Die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin mit Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie hat ihren Schwerpunkt schon vor vielen Jahren auf die Versorgung von Menschen mit Schmerzen und die pflegerischen Möglichkeiten der Schmerzlinderung gelegt. Mitte März mussten wegen der Pandemie an allen Kliniken im Land zahlreiche elektive Operationen verschoben werden. In der Folge gab es ein Drittel weniger Patienten am UKM. „Als wir alle fürchteten, wir würden vielleicht eine kaum zu bewältigende Zahl an schwerkranken Covid-Patienten bekommen, habe ich mich freiwillig für den Refresh-Kurs gemeldet“ bekennt Boche. Ein ziemlich mutiger Schritt, wenn man bedenkt, dass die 55-Jährige schon 18 Jahre lang auf keiner Intensivstation mehr gearbeitet hat. „Sicher bin ich früher auch mit Beatmungsgeräten umgegangen“, so Boche. „Aber da hat sich technisch viel getan, sodass ich mir sicher war, dass ich meine Kollegen zwar pflegerisch unterstützen, aber nicht eigenverantwortlich Covid-Patienten versorgen könnte.“ Eine durchaus mögliche Entscheidung. Denn mit Blick auf ein worst-case-Szenario musste das UKM gerade am Anfang der ersten Infektionswelle Pläne entwickeln, wie extreme Patientenzahlen personell bewältigt werden könnten. Da lag es nahe, das UKM Trainingszentrum zu beauftragen, Pflegende und Ärzte fit für Covid-Patienten zu machen. „Wir wollten die Pflegenden, die alle auf professionell unterschiedliche Ständen waren, individuell da abholen, wo sie standen – also ihr vorhandenes Wissen reaktivieren. Fragen wie: Werde ich selbst erkranken oder gar sterben? Werde ich das Virus mit nach Hause zu meinen Lieben tragen? muss man ernst nehmen. Wir versuchen, Ängste zu nehmen und zu vermitteln, dass der professionelle Umgang mit Covid-19 möglich ist“, sagt Christian Hackmann, der am UKM Trainingszentrum die Refresh-Kurse zusammen mit dem ärztlichen Kollegen Dr. Tim Güß leitet.
Ruth Boche wurde nach dem eintägigen Refresh-Kurs direkt auf die Intensivstation 19 B Ost geschickt. Dort unterstützte sie nach einer mehrtägigen Einarbeitungsphase bei „normalen“ Intensivpatienten. „Grundpflege, Positionie-rung und Mobilisation, alles das sind Tätigkeiten, die ich den Kollegen abnehmen bzw. bei welchen ich mitwirken konnte“, sagt sie. Aber auch mit Kontakt zu Corona-Infizierten hätte ich keine Sekunde gezögert, hier zu arbeiten“, sagt sie. Knapp drei Wochen ging ihr Kurzeinsatz – für weitere Infektionswellen stünde sie wieder zur Verfügung. Gleichzeitig fühlt sie sich in der Wahl ihres Spezialgebiets Schmerz bestätigt. „Die Arbeit auf der Intensivstation ist im wahrsten Wortsinn intensiv. Das ist das Schöne an unserem Beruf, dass die Pflege so viele Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Trotzdem muss ich in dieser Lebensphase nicht mehr alles machen“, sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Info: Das UKM Trainingszentrum hat in der Zeit vom 23. März bis zum 30. April 16 eintägige interdisziplinäre Crash-Kurse-Covid-19 für insgesamt 269 Pflegende und Ärzte des UKM ausgerichtet. Teilgenommen haben sowohl Examinierte, aber auch Mitarbeitende in Ausbildung. Lehrinhalte waren vor allen die Beatmung und Intubation an Patienten-Dummies, eine auffri-schende Hygieneschulung, aber auch eine psychosoziale Aufarbeitung der bestehenden Ängste mit Hinblick auf Covid-19.