Den 14. März 2020 wird Hermann Beckmann so schnell nicht vergessen. Um seinen Corona-bedingt eingeschränkten Bewegungsradius ein wenig zu erweitern, unternahm er eine Spritztour mit seinem Motorrad. In einem Kreisverkehr in seiner Heimatstadt Borken kam er zu Fall. Die Folge: Ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und vielfach gebrochene Knochen. Unter anderem mit einem sechsfachen seriellen Rippenbruch wurde er ins örtliche Krankenhaus eingeliefert. Dieses übererwies aber weiter an das überregional zertifizierte Traumazentrum, die Klinik für Unfall-, Hand-, und Wiederherstellungschirurgie am UKM (Universitätsklinikum Münster): Die Komplexität der Verletzungen ließ es nicht anders zu.
Insbesondere Luftnot machte Beckmann zu schaffen: „Ich konnte nur sehr flach atmen und hatte das Gefühl, nicht richtig Luft holen zu können“, so der Geschäftsstellenleiter einer Versicherungsagentur. „Ein instabiler Brustkorb, wie er bei Herrn Beckmann wegen der seriellen Rippenbrüche vorlag, führt zu einer sogenannten inversen Atmung, bei der sich, im Gegensatz zur normalen Atmung, der Brustkorb im Bereich der gebrochenen Rippen beim Einatmen nach innen statt nach außen bewegt.“, sagt Klinikdirektor Univ.-Prof. Michael J. Raschke. „Die Lunge wird nicht richtig ventiliert (mit Luft befüllt), was insbesondere bei Multitrauma-Patienten problematisch ist, weil sie ja noch weitere schwere Verletzungen haben“, so Raschke weiter.
Gerade für diese Patientengruppe bietet das UKM statt einer konservativen Operation seit Kurzem eine „Verplattung“ der Rippen mit einer Titanstütze an, die – in die entsprechende Form der Rippen gebogen – mit den Rippen verschraubt werden und sie so stabilisieren. „Der Vorteil liegt vor allem darin, dass wir die inverse Atmung ausschließen können und damit gerade bei beatmeten Patienten den Gesamtzustand deutlich verbessern. Der Heilungsprozess verläuft schneller und mit weniger Komplikationen, die Phase der Beatmung kann meist verkürzt werden“, erklärt Assistenzarzt Dr. Oliver Riesenbeck. „Damit kommt der Patient auch schneller wieder auf die Beine.“
Dass er 12 Tage nach seinem Motorradunfall schon wieder nach Hause entlassen werden konnte, hat Hermann Beckmann also unter anderem den Titanplatten in seinen Rippen zu verdanken, die quasi als Erinnerung in seinem Körper bleiben. „Ich ärgere mich nur ein wenig, ausgerechnet meinen 60. Geburtstag auf der Intensivstation verbracht zu haben und brenne darauf, wieder Motorrad fahren zu können“, schmunzelt er. Dem steht im Moment noch das Votum seiner Frau entgegen, die sich für ihren Mann auch weniger gefährliche Hobbbys vorstellen könnte.