Wann ihr Mann nach seiner Hüft-OP nach Hause kommen wird, weiß Alwine Holtermann* noch nicht: Hans Holtermann* bekam vor einem halben Jahr die Diagnose einer seltenen Demenzform und hat sich seitdem zusammen mit dem Team des Demenzsensiblen Krankenhauses am UKM auf die dringend notwendige Operation vorbereitet. Im Anschluss an die erfolgreiche OP in der vergangenen Woche, entwickelte er allerdings ein Delir. „Die Mitarbeiter der Angehörigenberatung haben mich schon darauf vorbereitet, dass das passieren könnte“, sagt Alwine Holtermann. „Demenzpatienten können nach einer OP verwirrt sein, so war es auch bei Hans. Aufgrund der speziellen Betreuung durch das Team des Demenzsensiblen Krankenhauses wurde es aber rasch besser."
Prof. Thomas Duning ist Leiter des Demenzsensiblen Krankenhauses am UKM. Mit seinem Team berät er betroffene Familien nicht nur im Vorfeld. „Immer mehr Familien übernehmen nach der Entlassung die Pflege ihres kognitiv eingeschränkten Angehörigen selbst. Für viele ist das Neuland, denn der Patient war möglicherweise vor dem Krankenhausaufenthalt noch relativ selbständig und ist plötzlich dauerhaft auf Unterstützung angewiesen,“ sagt er. Sein Team hat sich auf die Unsicherheiten spezialisiert, die entstehen können, sobald der Patient zuhause ist. „Schon während des stationären Aufenthalts bei uns bekommen die Angehörigen Pflegetrainings, damit sie für die Versorgung des Patienten fit sind. Bei Bedarf führen wir diese Trainings sogar zuhause weiter. Außerdem unterziehen wir das häusliche Umfeld einem Eignungstest, schließlich gehen mit der Demenzdiagnose erhöhte Sicherungsanforderungen an das Wohnumfeld einher“, sagt Liane Janßen aus dem Team der Angehörigenberatung. Dies findet in enger Abstimmung mit schon bestehenden Strukturen statt, zum Beispiel dem Sozialdienst des UKM.
Zum 1. Juli – zeitgleich mit dem Beschluss der Bundesregierung, eine Nationale Demenzstrategie umzusetzen – hat die Angehörigenberatung fünf neue Kollegen bekommen. „Wir mussten das Team verstärken, denn wir wollen niemanden in dieser Situation alleine lassen. Auch die Kostenträger haben die große Notwendigkeit erkannt – und das ist eine sehr positive Nachricht. Sie haben eingewilligt, die Angehörigenberatung in den Regelleistungskatalog mitaufzunehmen. Das heißt, die familiale Pflege, wie wir sie leisten, wird von der Krankenkasse übernommen. Das entlastet unsere Klienten natürlich sehr“, so Duning weiter. Die familiale Pflege ist übrigens ein Angebot, das sich nicht nur an kognitiv eingeschränkte Menschen richtet – generell können sich alle Angehörigen von pflegebedürftigen Patienten des UKM dort beraten lassen.
Für die Holtermanns wird es in den kommenden Tagen nach Hause gehen. Alwine Holtermann fühlt sich gerüstet: „Obwohl ich von Haus aus Krankenschwester bin, habe ich von der Angehörigenberatung doch wertvolle und sehr praktische Tipps bekommen.“ Ob sie auch die Nachbetreuung zuhause in Anspruch nehmen wird, weiß sie noch nicht, schließlich sei sie glücklicherweise „vom Fach“ – aber dass nun für alle Angehörigen von Patienten mit Demenz und auch anderen Erkrankungen grundsätzlich die Möglichkeit dazu besteht, findet sie gut. "Ich werde sicher mit dem Team in Kontakt bleiben!"
*: Name der Redaktion bekannt.