Im Tibusstift in Münsters Innenstadt ist man informiert: Die Bewohner, die sich zum Vortrag von Raphael Diener, Assistenzarzt an der Augenklinik des Universitätsklinikums Münster, eingefunden haben, lauschen interessiert und löchern ihn im Anschluss mit fundierten Fragen zu speziellen Augenerkrankungen. „Das ist absolut erfreulich, aber leider nicht der Normalfall“, sagt Diener und verweist auf die Ergebnisse einer Studie, die besagt, dass Menschen in Altenheimen häufig einen eher schlechten Zugang zur augenärztlichen Versorgung haben. Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft hat sich für ihre OVIS-Studie 2016 die Daten aus 35 Altenwohneinrichtungen angeschaut und festgestellt: Rund 40 Prozent der älteren Leute in den Einrichtungen haben in den vergangenen Jahren nie einen Augenarzt besucht – einige waren sogar Zeit ihres Lebens noch nie dort. Deshalb erstaunt es nicht, dass Patienten mit, wie sich herausstellte, teilweise akutem Behandlungsbedarf nicht einmal selbst von ihrem eigenen Problem wussten.
Zu den typischen Augenerkrankungen des Alters zählen die Katarakt, also die Eintrübung der Linse. Diese macht sich oft durch das Sehen „wie durch einen Schleier“ bemerkbar. Die Katarakt ist altersabhängig: „So wie die Haare grau werden, wird auch die Linse trüb“, sagt Diener. Zu den weiteren Alterserkrankungen der Augen zählen die Makula-Degeneration als Erkrankung des scharfen Sehens sowie die Erkrankungen des peripheren Sehens und Einschränkungen des Gesichtsfeldes. Hier wäre typischerweise das Glaukom zu nennen, bei dem es sich um eine Erkrankung des Sehnervs handelt. Außerdem sollten Patienten, bei denen ein Diabetes mellitus bekannt ist, augenärztlich überwacht werden, um beispielsweise die diabetische Retinopathie, eine Netzhauterkrankung, zu erkennen und zu behandeln.
„Angesichts der Vielzahl von Augenerkrankungen, die Menschen im fortgeschrittenen Alter betreffen können, ist die Erkenntnis, dass gerade ältere Menschen unterdurchschnittlich augenärztlich betreut werden, keine gute Entwicklung“, sagt Prof. Nicole Eter, Direktorin der Augenklinik am UKM. „Deswegen gehen wir in diesem Jahr anlässlich der Woche des Sehens zu den Menschen in die Wohneinrichtungen, um aufzuklären.“
Worauf müssen sich aber gerade ältere Patienten einstellen? Generell kann man natürlich auch schon in jüngeren Jahren von Augenerkrankungen betroffen sein. Trotzdem sollten ältere Menschen ab sechzig aufwärts ihr Augenmerk auf die eigene Sehkraft richten. „Falls sie plötzlich schlechter sehen oder sogar verzerrt, steckt meist eine Erkrankung dahinter. Manchmal kann der Augenarzt schon helfen, indem er eine (schärfere) Brille verordnet. Manchmal ist allerdings eine OP nötig. Aber auch von einem operativen Eingriff kann man in jedem Alter mit Blick auf die Lebensqualität profitieren“, weiß Diener.