Sarah und ihre Mutter Johanna Krajewska sind eng miteinander verbunden: „Wir leben quasi in Symbiose. Ich spüre, wenn es meiner Tochter schlecht geht und umgekehrt merkt sie das auch.“ „ Durch Sarahs schwere Erkrankung ist das ganz erklärlich“, sagt die Ärztliche Leiterin des Brücken-Teams am UKM (Universitätsklinikum Münster), Dr. Margit Baumann-Köhler. „Wir erleben das oft bei Eltern, deren Kinder, lebensbegrenzend erkrankt sind. Insbesondere natürlich, wenn die Kinder sich, wie es bei Sarah der Fall ist, nicht selbst äußern können.“ Sarah leidet von Geburt an unter einer Form von Mukopolysaccharidose, einer schweren Stoffwechselstörung. „Als im Alter von einem Jahr die Diagnose und - damit verbunden - die Aussage kam, dass mein Kind nicht mehr lange leben würde, bin ich in ein schwarzes Loch gefallen“, gibt Johanna Krajewska zu. Doch irgendwann habe sie die Wahl getroffen, das bisschen Leben so lebenswert wir möglich zu gestalten. „Alles, was anderen unmöglich erschien, habe ich versucht, mit Sarah zu machen. Wir sind gereist und haben die Welt gesehen und ich bereue nicht eine Sekunde“, sagt die energiegeladene Beckumerin.
Lange Zeit ging es Sarah erstaunlich gut, doch vor drei Jahren verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand von einem auf den anderen Tag. Es folgten eine akut lebensbedrohliche Situation und ein langer Klinikaufenthalt. Da hätten die Ärzte am UKM lange Gespräche mit ihr geführt, sagt Sarahs Mutter. Zum ersten Mal war auch sie selbst an einem Punkt, an dem sie sich eingestehen musste, Hilfe zu brauchen. Damals hat man mir unverbindlich den Kontakt zum Brücken-Team angeboten, sagt Krajewska.
„Viele Eltern haben eine große Scheu und sogar Abwehr, was den ersten Kontakt zu uns betrifft“, weiß Baumann-Köhler. „Der Schritt kommt ihnen so endgültig vor. Sie fühlen sich ein bisschen, als ob sie im Kampf gegen die tödliche Krankheit ihres Kindes verloren hätten“ In dieser Situation braucht es Fingerspitzengefühl und viele intensive Gespräche im ambulanten häuslichen Umfeld. „Eine auf ihre Situation abgestimmte psychosoziale Beratung ist – neben der medizinischen und pflegerischen Beratung – das, was wir den Familien auf ihrem Weg bieten können“, sagt Diplom-Pädagogin und ausgebildete Supervisorin Maria Runtenberg vom Brücken-Team. Sie hat die Krajewskas in Beckum oft besucht, um vor Ort herauszufinden, womit man der kleinen Familie am besten helfen könnte. Auch schon vorhandene Ressourcen im Familiensystem werden aufgespürt und aktiviert. „Maria ist eine gute Freundin geworden“ strahlt Johanna Krajewska und nimmt Runtenberg in den Arm. „Ihr erzähle ich alles, was ich sonst nur meinem Spiegelbild erzählen würde. Und vor allem kann ich wie selbstverständlich immer alles fragen und bekomme jede Antwort – es gibt einfach kein Tabu.“
Damit die Betreuung so nah an den Familien sein kann, braucht es Geld. Denn das Brücken-Team wird – neben der Hauptfinanzierung durch die Krankenkassen – seit über einem Jahrzehnt von der Schober-Stiftung mitgetragen und ist daher letztlich auch spendenabhängig. Insgesamt fließen aus der Stiftung jährlich rund 25.000 Euro in das Projekt. „Aktuell arbeiten wir daran, Maria Runtenbergs Stelle zu erhalten und zu verlängern“, sagt Dr. Anna Schober, die zusammen mit ihrem Mann Univ.-Prof. em. Otmar Schober Mitbegründerin der Schober-Stiftung ist. „So wie es ein ganzes Dorf braucht, ein Kind groß zu ziehen, braucht es viele Schultern, ein todkrankes Kind und seine Familie bis zum Ende zu begleiten.“