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„Ausgerechnet Lungenkrebs!“, dachte Helmut Müller, als er im Dezember 2014 die Diagnose erhielt. Die Lebenserwartung ist bei dieser Krebsart zumeist sehr gering. Denn häufig wird sie erst entdeckt, wenn die Erkrankung bereits zu weit fortgeschritten ist. „Ich habe überhaupt nichts gemerkt“, erinnert sich der inzwischen 72-Jährige aus Borken, wie überrascht er war.
„Das ist bei Lungenkrebs leider typisch“, weiß Prof. Dr. Rainer Wiewrodt, Leiter der Pneumologie am UKM (Universitätsklinikum Münster). „Häufig zeigen sich Warnsignale wie Husten oder Atemnot erst sehr spät – dann, wenn die Erkrankung nicht mehr heilbar ist.“ Doch Müller hatte Glück im Unglück. Entdeckt wurde der Lungentumor nämlich nur durch eine andere Erkrankung: Kurz zuvor war bei dem Rentner in seiner Heimatstadt ein Schilddrüsenkarzinom diagnostiziert worden. Nach dessen operativer Entfernung wurde Müller für die sogenannte Radiojodtherapie zu den Experten der Nuklearmedizin ins UKM geschickt. Hier brachte schließlich der im Rahmen der Untersuchungen durchgeführte Ganzkörper-Scan den bedrohlichen Befund an den Tag. Die Bilder zeigten den bereits sieben Zentimeter großen, nicht operablen Tumor in der rechten Lunge, der sonst vermutlich noch später entdeckt worden wäre. Sofort begannen Wiewrodt und seine Kollegen der anderen Fachbereiche des Zentrums für Krebsmedizin (CCCM – Comprehensive Cancer Center Münster) mit der Spezialdiagnostik und der Therapieplanung.
Auch wenn der Krebs sich schon in einem fortgeschrittenen Stadium befand und die Chancen nicht gut standen, kam Aufgeben weder für Müller noch für die behandelnden Ärzte in Frage. „Die Chemotherapien schlugen so gut an, dass sich der Tumor deutlich verkleinerte und schließlich sogar operabel war“, erzählt Priv.-Doz. Dr. Karsten Wiebe, Leiter der Thoraxchirurgie am UKM. „Mit einer besonderen Operationstechnik, der sogenannten Manschettenresektion, konnten wir das kranke Gewebe entfernen, ohne den ganzen Lungenflügel zu opfern“, so Wiebe. Der Name dieses Verfahrens kommt von der Manschette, die benutzt wird, um den Lungenlappen und den betroffenen Teil des Hauptbronchus, also des Atemweges, zu entfernen. Die Schnittenden des Bronchus werden anschließend wieder miteinander verbunden. „Es geht darum, das bösartige Gewebe vollständig zu entfernen und zugleich möglichst schonend zu operieren“, betont Wiebe. Ein wichtiges Ziel der individuell auf den jeweiligen Patienten abgestimmten multimodalen Therapien sei es, Lebensqualität zu erhalten.
Auch Helmut Müller kann inzwischen wieder aufatmen. Die engmaschigen Kontrollen zeigen, dass der Tumor vollständig verschwunden ist. Trotz der anfänglich schlechten Prognose geht es ihm auch zwei Jahre nach der Diagnose so gut, dass er wieder mit seinen beiden kleinen Enkelkindern herumtollen kann. Als nächstes steht sogar eine kleine Kreuzfahrt auf dem Programm – mit seiner Frau Ursula und jeder Menge frischer Seeluft.
Info: Jedes Jahr erkranken in Deutschland circa 480.000 Menschen neu an Krebs. Lungenkrebs gehört dabei sowohl bei Männern als auch bei Frauen nach Angaben des Robert Koch-Instituts zu den drei häufigsten bösartigen Tumorerkrankungen. Insgesamt unterscheiden sich die verschiedenen Krebsarten dabei sehr stark hinsichtlich der Prognosen für die Betroffenen.Alles rund um die Universitätsmedizin Münster finden Sie unter twitter.com/UK_Muenster.