ukm/aw
Gerhard Kleingries ist seit gut zehn Jahren an Parkinson erkrankt. Der 70-jährige Vredener hat sich im Laufe der Zeit zwar auf das starke Zittern (Tremor) einerseits und das Gefühl der Muskelstarre (Rigor) andererseits eingestellt. Auch dank der Gabe von L-Dopa, einer Vorstufe des Neurotransmitters Dopamin, das dem Körper bei der Parkinson-Erkrankung fehlt. Trotzdem kam nach einigen Jahren der Punkt, an dem das L-Dopa in Tablettenform nicht mehr richtig wirkte. „Das ist typisch für den Verlauf bei Parkinson“, sagt Dr. Tobias Warnecke, Oberarzt der Klinik für Neurologie am UKM (Universitätsklinikum Münster) und Leiter der Parkinson-Ambulanz. „Die Entleerung des Magens wird bei einer dauerhaften Medikation mit Tabletten schlechter. Das bewirkt unter Umständen, dass das L-Dopa nur unzureichend in den Darm weitertransportiert wird – damit ist natürlich auch die Wirkung verzögert. So war Herr Kleingries immer wieder starken Wirkstoff-Schwankungen ausgesetzt – mit den entsprechenden Nebenwirkungen.“ Und Kleingries erinnert sich: „Manchmal hatte ich das Gefühl, ich könnte mich gar nicht mehr bewegen und dann wieder hatte ich absolute Unruhezustände.“ Die Lösung des Problems war die Implantation einer extern am Körper getragenen intestinalen Pumpe. Diese umgeht den Magen und gibt das L-Dopa – in Gelform und in konstanter Dosierung – direkt zur Aufnahme in den Dünndarm. „Plötzlich hatte ich wieder ein fast normales Leben“, sagt Kleingries und ist noch heute glücklich, dass er und seine Frau sich vor anderthalb Jahren für die Implantation der Pumpe entschieden haben.
„Die Entscheidung für die Pumpe will gut überlegt sein“, sagt Dr. Inga Claus, Assistenzärztin im Team von Warnecke: „Wir müssen uns darauf verlassen können, dass die Angehörigen das mittragen und in den Umgang mit der Pumpe involviert sind. Das ist nicht jedermanns Sache.“ So steht zum Beispiel alle ein bis zwei Wochen ein Batteriewechsel an und auch für die tägliche Reinigung brauchen die Patienten eine helfende Hand. „Bei Frau Kleingries hatten wir keinerlei Bedenken, dass sie ihren Mann gut unterstützen würde“, so Claus. Vor der Entscheidung für die Pumpe hat sich außerdem eine Testphase bewährt, für die die Patienten stationär aufgenommen werden müssen. Einziger Unterschied: Dort bekommen sie das L-Dopa-Gel zunächst über eine Nasensonde, um zu sehen, wie sie reagieren. Meistens seien die Patienten sofort vom Mehrwert durch die Pumpe überzeugt, sagt Claus. Inzwischen bekommen mehrere Patienten im Monat eine Magensonde (PEG) für das System gelegt. Die außen getragene Pumpe ist dann für jeden als Tasche, Gürtel oder Rucksack sichtbar.
In der Klinik wird das System regelmäßig von Parkinson Nurse Heike Verwolt überprüft. Sie achtet darauf, dass sich die Einstichstelle der PEG nicht entzündet und gibt den Patienten konkrete Tipps zur einfachen Handhabung. „Mein Leben hat sich mit der Pumpe verändert – aber jetzt ist eigentlich alles nur einfacher geworden“, berichtet Gerhard Kleingries. Der Rentner wird deshalb auch anderen Betroffenen bei Parkinson-Patiententag am 13. September von seinen positiven Erfahrungen berichten. Parkinson-Experte Warnecke ergänzt: „Wir hoffen, dass sich durch seine anschaulichen Schilderungen viele Patienten zu dem Schritt ermutigen lassen. Und auch sonst können sich Betroffene und Angehörige am Informationstag wertvolle Anregungen zu den Neuerungen in der Therapie holen.“ Parkinson am UKM – Was gibt es Neues?
Mittwoch, 13.09. 2017, 15.00 bis 18.00 Uhr
Veranstaltungsort:
Universitätsklinikum Münster,
Lehrgebäude am UKM, Hörsaal L10,
Albert-Schweitzer-Campus 1, Geb. A6,
48149 Münster