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Anne M.* hat schon einige Hiobsbotschaften erhalten. 2012 wurde bei der jungen Frau Brustkrebs diagnostiziert. Anfang dieses Jahres kam dann der nächste erschreckende Befund: Die Krankheit war zurück. Nachdem auch dieser Tumor entfernt werden konnte, wollte die inzwischen 39-Jährige Gewissheit: Beim Institut für Humangenetik des UKM (Universitätsklinikum Münster) nahm sie an der genetischen Beratung teil und ließ testen, ob ihr Krankheitsrisiko durch eine erbliche Genveränderung erhöht ist.
Das Institut für Humangenetik (IHG) gehört inzwischen seit 20 Jahren zum „Deutschen Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs“. „Es handelt sich dabei um einen deutschlandweiten Verbund von 17 universitären Zentren, mit dem Ziel, Ratsuchende bzw. Betroffene mit einer familiären Belastung für diese Krebserkrankungen optimal zu betreuen“, erzählt Prof. Frank Tüttelmann, Humangenetiker am UKM. „Anne M. und ihre Angehörigen sind die 5000. Familie, die wir im Rahmen dieses Projekts nun aufgenommen haben.“
Ärzte und Wissenschaftler der einzelnen Standorte sind eng miteinander ver-netzt. „Auch innerhalb der Zentren ist die fachübergreifende Zusammenarbeit mit Gynäkologen, Radiologen und Pathologen von besonderer Bedeutung", betont Prof. Peter Wieacker, Direktor des IHG in Münster und Projektleiter für diesen Standort. Zunächst wird in Vorgesprächen geklärt, ob der Verdacht auf eine Genveränderung gegeben ist. Danach folgen gegebenenfalls eine Genanalyse und präventive Maßnahmen im Rahmen einer intensivierten Früherkennung bzw. Nachsorge sowie bei Bedarf auch prophylaktische Operationen. „Der Angelina-Jolie-Effekt ist immer noch deutlich spürbar", verweist Prof. Tüttelmann darauf, dass auch vier Jahre nach Bekanntwerden der vorsorglichen Brustamputation der Schauspielerin der Beratungsbedarf noch groß ist.
„Ich habe mich immer gefragt: Warum gerade ich?“, erzählt Anne M.. „Jetzt habe ich endlich Klarheit!“ Mit Hilfe der genetischen Diagnostik wurde bei ihr eine sogenannte BRCA1-Mutation nachgewiesen. Nun kann die Mutter zweier Kinder im Rahmen des Projekts nicht nur ihr eigenes Risiko ein-schätzen lassen, auch volljährige Familienangehörige werden auf Wunsch getestet.
„Mit dem Wissen um ein erhöhtes Risiko für sich selbst und eventuell auch für die Angehörigen umzugehen, ist oft nicht leicht“, so Wieacker. „Aus diesen Gründen bieten wir immer auch eine psychologische Beratung an sowie Unterstützung bei der Entscheidungsfindung für mögliche therapeutische Konsequenzen.“ Letztlich ist eben dieses Wissen aber auch eine gute Grundlage für eine individuelle, bei Bedarf intensivierte Vorsorge.
(*Name von der Redaktion geändert)
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