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Sie stellen plötzlich und ohne ersichtlichen Grund ihre Schuhe in den Kühlschrank oder fangen über Nacht an, mit Familie und Freunden nur noch in einer Fremdsprache zu sprechen. Patienten, die vom Susac-Syndrom betroffen sind, trifft die neurologische Erkrankung meist aus heiterem Himmel. Ursache sind entzündliche Prozesse der kleinsten Blutgefäße des Gehirns, der Netzhaut und des Innenohrs mit vermutlich autoimmunen Wurzeln. Plötzlich auftretende Verwirrtheit, Gedächtnislücken oder sogar Persönlichkeitsveränderungen können einen fulminanten Verlauf nehmen. Manchmal erkennen sich die Patienten selbst, im wahrsten Sinne des Wortes kaum wieder.
Ganz so dramatisch war der Krankheitsverlauf bei Inga Fritz aus dem Münsterland nicht. Die ersten Symptome waren im Sommer 2014 bei ihr eher diffus: „Als ich plötzlich nicht mehr richtig hören konnte, glaubte ich zuerst an einen Hörsturz. Mein Mann und ich hatten gerade erst ein Haus gebaut und ich habe das auf Stress zurückgeführt. Als ich dann eines Morgens aufwachte und auf dem rechten Auge plötzlich alles mit einem schwarzen Rahmen sah, bekam ich schon etwas Angst“, so die 43-Jährige. Dennoch dauerte es fast ein halbes Jahr, bis die Diagnose eher durch Zufall gestellt werden konnte: Eine befreundete Augenärztin vermutete hinter den Beschwerden das Susac-Syndrom und empfahl Inga Fritz die Neurologin Dr. Ilka Kleffner vom UKM (Universitätsklinikum Münster).
Weltweit gibt es nur rund 300 Menschen mit dem seltenen Syndrom. „Typisch ist die klassische Trias aus Enzephalopathie, mit Symptomen wie starken Kopfschmerzen und neurologischen Defiziten aus Seh- und aus Hörstörungen“, sagt Kleffner, Funktionsoberärztin der Klinik für Allgemeine Neurologie des UKM und eine der wenigen Experten weltweit. Das Susac-Syndrom tritt in einzelnen Episoden auf und verläuft schubweise. Betroffen sind meist junge Frauen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren, aber auch Männer erkranken im Geschlechterverhältnis von etwa 3:1. So unerwartet die Krankheit auftritt, so gut kann ihre Entzündungsaktivität aber auch in Schach gehalten werden: mit Kortison, modernen Immuntherapien und ASS (Acetylsalicylsäure) kann die Krankheit oft gut behandelt werden.
Inga Fritz kann dank der Therapie mittlerweile wieder fast ohne Einschränkungen leben und arbeitet weiter in ihrem Beruf als Grundschullehrerin. Auf das heutige Susac-Treffen, zu dem rund 30 Betroffene nach Münster gekommen sind, war sie im Vorfeld sehr gespannt: „Es ist interessant, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen“, sagt Fritz, „Schließlich ist die Krankheit so individuell wie selten – jede Geschichte dahinter sieht anders aus.“
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