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Nicht durchschlafen können, dass wird für die werdende Mutter Sonja Plonka nichts Neues sein. Doch bisher war es kein Babygeschrei, das die 29-Jährige um den Schlaf brachte. Drei bis acht epileptische Anfälle plagten sie seit ihrem sechsten Lebensjahr pro Nacht – je nach Medikamentenzusammenstellung mal mehr, mal weniger. Eine Zeitlang gelang es sogar, dass sie anfallsfrei war. „Mit dem entsprechenden Medikament war aber mein großer Wunsch, schwanger zu werden, völlig ausgeschlossen, da die Gefahr für Fehlbildungen zu groß war“, erzählt die verheiratete Dortmunderin.
2013 stellte sie sich mit ihrem Wunsch das erste Mal im UKM (Universitätsklinikum Münster) vor, durch einen Aufruf zu einer Studie wurde Plonka auf das Klinikum aufmerksam. „Nach einer Messung der magnetischen Aktivität des Gehirns durch das Team von Privat-Dozent Dr. Carsten Wolters vom Institut für Biomagnetismus und einem Forschungs-MRT haben wir eine Anlagestörung im rechten Stirnlappen entdeckt“, erklärt Oberarzt Dr. Gabriel Möddel, Leiter des Bereichs Epileptologie in der Klinik für Schlafmedizin und Neuromuskuläre Erkrankungen am UKM. Die Vermutung, den Auslöser für die Anfälle gefunden zu haben, bestätigte sich bei weiterer Diagnostik in der Klinik für Neurochirurgie mittels Tiefenelektroden, die der Patientin für zwei Wochen eingesetzt wurden. „Bereits zehn Sekunden vor dem Anfall konnte man damit millimetergenau die betroffene Stelle im Gehirn definieren“, fasst Möddel die Untersuchungsergebnisse zusammen. Vor der anstehenden OP versicherten sich die Mediziner noch mit dem sogenannten Wada-Test, der durch Injektion eines Narkosemittels in die Hirnschlagader bei der Beurteilung hilft, dass bei einer Hirnoperation keine für die Sprache wichtigen Funktionsbereiche geschädigt werden. „Danach wussten wir, dass wir die zwei betroffenen Zentimeter ohne größeres Risiko entfernen können“, erklärt Möddel. „Dieser Eingriff ist die derzeit wirksamste Therapie bei Epilepsie und Frau Plonka hat damit eine Chance von 80 Prozent, dass sie anfallsfrei bleibt.“ Derzeit führen die Neurochirurgen um Prof. Dr. Walter Stummer in Münster zehn bis zwölf Operationen dieser Art pro Jahr durch; ein Eingriff wird erst in Betracht gezogen, wenn mindestens zwei verschiedene Medikamenten-Kombinationen getestet und nicht den entsprechenden Erfolg gebracht haben.
Auch Sonja Plonka muss weiterhin Medikamente nehmen, jedoch nur noch zwei – und keines davon birgt Risiken bei einer Schwangerschaft. Im Sommer erwartet die 29-Jährige nach drei Jahren Wartezeit ihr erstes Kind. Sorgen hat die junge Frau kaum. „Ich habe keine erblich bedingte Epilepsie, sodass keine Gefahr für unser Kind besteht“, sagt Plonka, die sich noch einmal abschließend die Bestätigung von ihrem behandelnden Arzt holt, dass eine natürliche Geburt problemlos möglich ist. „Sie sind eine ganz normale Erstgebärende. Ein erhöhtes Anfallsrisiko besteht nicht und damit auch keine Indikation für einen Kaiserschnitt“, beruhigt Dr. Gabriel Möddel seine Patientin.
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