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Pressemeldungen Archiv 2015

Ja oder Nein zur Organspende: „Ich appelliere an die Menschlichkeit!“

Prof. Dr. Hartmut Schmidt
Ein Interview mit Prof. Dr. Hartmut Schmidt zum fünfjährigen Bestehen des damals bundesweit ersten gegründeten Lehrstuhls für Transplantationsmedizin in Münster und zum Tag der Organspende am 6. Juni
ukm/maz
Vor fünf Jahren, am 1. Juni 2010, wurde am UKM (Universitätsklinikum Münster) bundesweit der erste Lehrstuhl für Transplantationsmedizin gegründet. Während alternative Therapien Anlass zur Hoffnung geben, haben die Diskussionen um das Thema Organspende und Organvergabe im vergangenen Jahr zu einem historischen Tiefpunkt der Spenderbereitschaft geführt. Das stellt Patienten wie Mediziner vor große Herausforderungen. Herr Prof. Dr. Schmidt, zuletzt hieß es, die Spenderzahlen steigen aktuell in einigen Bundesländern – zumindest langsam – wieder. Wie nehmen Sie die Situation wahr?
Schmidt: Man muss differenzieren. Die Akzeptanz für die Organspende in der Bevölkerung ist unverändert eher groß. Die Spenderzahlen wiederum liegen in einem Tief und ich kann nicht wirklich eine Trendwende erkennen. Außerdem darf beim Betrachten der Zahlen nicht nur die Quantität der Organe gesehen, sondern es muss auch die Qualität berücksichtigt werden. Leider ist es so, dass immer mehr „schlechte“ Organe, beispielsweise von älteren Patienten mit deutlichen gesundheitlichen Problemen, transplantiert werden, um anderen Menschen überhaupt noch eine Chance für ihr Weiterleben zu geben. Wenn die Akzeptanz da ist, was muss passieren, damit die Zahlen weiter steigen?
Schmidt: Wichtig ist das detaillierte Aufklären über die Themen Patientenverfügung und Organspende. Hier geht es um den Wunsch des Patienten, welche Betreuung er am Ende des Lebens wünscht. Es müssen aber auch die Prozesse wie Zeitpunkt und Inhalte der Angehörigengespräche geklärt und die professionellen Strukturen in den Krankenhäusern gestärkt werden.  Wie kann eine Professionalisierung in den Kliniken aussehen?
Schmidt: Die Rahmenbedingungen für Transplantationsbeauftragte müssen weiter verbessert und konkretisiert werden. Wenn absehbar ist, dass ein Patient stirbt, muss es meines Erachtens beispielsweise viel eher mit den Angehörigen ein Gespräch darüber geben, was Hirntod bedeutet und ob möglicherweise Organe gespendet werden dürfen. Bislang ist vorgegeben, dass dieses Gespräch erst nach Einsetzen des Hirntods geführt werden darf. Das ist in meinen Augen zu spät und widerspricht der Praxis.  Was entgegnen Sie Menschen, die skeptisch gegenüber der Organspende sind?
Schmidt: Ich appelliere an ihre Menschlichkeit. Wir haben in Münster zusammen mit den Musikern Dieter Kemmerling, Steffi Stephan und Detlev Jöcker eine Initiative für Organspende, in der Steffi Stephan mal treffend formulierte: „Solltest Du selbst im Falle eines Organversagens ein Organ zur Rettung akzeptieren, dann solltest Du auch Ja zur Organspende sagen!“ Letztendlich kann ein plötzliches oder chronisches Organversagen jeden von uns treffen. Am UKM gibt es seit fünf Jahren einen eigenen Lehrstuhl für Transplantationsmedizin. Was sind die Besonderheiten?
Schmidt: Aktiv waren wir auch schon vor der Klinikgründung. Unser Vorstand hat bereits 2007 Transplantationsbeauftragte und später auch eine Organspendebeauftragte benannt, die konkret für die Prozesse der Organspende zusammen mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation und unseren Intensivmedizinern für die Abläufe im seltenen Fall eines Hirntodes zuständig sind. Auch mit den umliegenden Krankenhäusern gibt es regelmäßige Treffen. Besonderer Schwerpunkt ist die Ausbildung der Studierenden. Bereits mehr als 1500 Studierende sind speziell zu den Themen Organspende und Transplantationsmedizin an unserer Fakultät ausgebildet worden. Ein Ausblick: Aktuell warten in Deutschland mehr als 10.000 und in Münster mehr als 760  Menschen auf ein Organ. Wird die Warteliste in Zukunft weiter wachsen oder wird sie kleiner, weil es Alternativen gibt?
Schmidt: Wir haben mehr Patienten, die einer Transplantation bedürfen. So ist zum Beispiel Leberkrebs weiterhin zunehmend und oft nur durch eine Transplantation heilbar. Wir arbeiten aber auch sehr aktiv an Alternativen zur Transplantation. Unverändert führen wir etwa 60 bis 100 Leberdialysen jährlich durch, mit denen wir ein Nierenversagen in einigen Fällen verhindern, aber auch Patienten nach Pilzvergiftung oder Vergiftungen durch Medikamente retten, ohne dass eine Lebertransplantation notwendig ist. Zudem haben die aktuellen neuen Therapieverfahren der Hepatitis C in Münster dafür gesorgt, dass Patienten bei bereits fortgeschrittener Lebererkrankung mit Indikation zur Transplantation vom Virus geheilt wurden und sich so gut verbesserten, dass sie wieder von der Warteliste genommen werden konnten. Denselben Effekt erhoffen wir uns bei Patienten mit seltenen Erkrankungen. Auch in diesem Bereich testen wir am UKM zurzeit neue Medikamente.
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