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Eine neue Therapieform zur Behandlung neuropathischer Schmerzen hat sich am UKM (Universitätsklinikum Münster) etabliert: Ein Pflaster, welches Chili-Extrakt enthält, führt zu einer wirksamen Schmerzlinderung – bei gleichzeitig deutlich verringerten Nebenwirkungen, wie Ergebnisse einer zweijährigen Studie zeigen. „Bislang wurden in der Therapie von neuropathischen Schmerzen Mittel eingesetzt, die oft eine Vielzahl von Nebenwirkungen hervorriefen wie beispielsweise Müdigkeit, Konzentrationsprobleme oder Schwindel“, erläutert Prof. Dr. Ingo Husstedt, Oberarzt der Klinik für Neurologie am UKM. Das neuartige Pflaster zeige keine dieser Nebenwirkungen – und eignet sich deshalb insbesondere auch für ältere Patienten, die generell häufiger Probleme mit Wechselwirkungen bei Medikamenten haben.
Bei dem Wirkstoff in dem Medikament „Capsaicin 8%“ handelt es sich um ein hochdosiertes Chili-Extrakt, das nach dem Auftragen auf die schmerzhaften Areale dafür sorgt, dass sich die Nervenenden nach der Einwirkungsphase verändern und eine Dysfunktionalisierung eintritt. Es bietet sich vor allem für Patienten an, die unter neuropathischen Schmerzen z.B. durch eine Schädigung peripherer Nerven nach einem Unfall oder nach einer Infektion leiden, und oft einfache Berührungen als heftige, brennende Schmerzen wahrnehmen. Capsaicin ist in der Therapie nicht neu; die Wirkung von Chili-Extrakt ist schon länger bekannt. Es wurde bereits von den indigenen Völkern Amerikas zur Schmerztherapie eingesetzt, aber in vielfach geringerer Konzentration. „Neu ist, dass wir es in einer so hohen Dosierung mit wesentlich besserem Erfolg einsetzen und nicht alle zwei bis drei Tage wie früher, sondern nur alle drei Monate das Pflaster applizieren müssen“, sagt Husstedt. Nach dieser Behandlung werden so weniger Impulse aus den geschädigten Arealen an das Gehirn gesendet, die vom Patienten als Schmerz empfunden werden.
Da bislang keine Obergrenze bekannt ist, können Betroffene langfristig von der Therapie profitieren – wie Michael Seja. Seit mehreren Jahren leidet er schon an einer unangenehmen, schmerzhaften Polyneuropathie, die sich an beiden Fußsohlen- und -rücken bemerkbar macht. „Ich bin oft nachts aufgewacht, weil meine Füße sich warm angefühlt haben, brannten und mir solche Schmerzen verursachten“, erklärt Seja. Tagsüber musste er viele Pausen machen, um selbst kleine Strecken zu bewältigen. Seit Beginn der Studie 2012 wird er am UKM mit dem neuen Medikament behandelt – und ist beschwerdefrei: „Ich kann nachts durchschlafen und tagsüber ohne Probleme gehen, das Brennen ist verschwunden“, freut sich Seja. Andere Patienten berichten über ein Brennen an der Anwendungsstelle in den ersten zwei bis drei Stunden nach der Anwendung. „Durch Kühlen kann das aber leicht behandelt werden“, weiß Husstedt.
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