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Nach der Arbeit in den Biergarten gehen, in den Urlaub fahren oder einfach so viel Wasser trinken wie man möchte – für die meisten Menschen ist das eine Selbstverständlichkeit, für die 34jährige Sibylle Wiedermann dagegen ein wunderbares Geschenk. Dafür ist sie besonders ihrer Mutter Jutta Wiedermann dankbar: Von ihr hat sie eine Niere erhalten.
Wegen einer angeborenen Erkrankung versagten die Nieren von Sibylle Wiedermann mit Anfang 30. „Mein behandelnder Arzt sagte mir, dass ich mich auf die Dialyse einstellen müsse“, erzählt Sibylle Wiedermann. Dies wollte Mutter Jutta verhindern: „Für mich war sofort klar, dass ich meiner Tochter eine Niere spende.“ Die Familie stand hinter der Entscheidung, doch es gab zunächst Probleme. „Wir prüfen den gesundheitlichen und psychischen Zustand jedes Spenders vorab sehr genau. Die Blutwerte der Spenderin waren nicht perfekt, konnten aber durch eine Ernährungsumstellung optimiert werden“, erläutert Prof. Dr. Barbara Suwelack, leitende Oberärztin Sektion Transplantationsmedizin der Medizinischen Klinik D des UKM (Universitätsklinikum Münster). Dazu kam, dass die beiden Frauen unterschiedliche Blutgruppen haben. „In bestimmten Fällen können wir auch Nieren von einem Spender mit einer nicht passenden oder inkompatiblen Blutgruppe transplantieren“, erklärt Suwelack. Im Fall von Mutter und Tochter war dies möglich. Auswir-kungen auf die Nierenfunktion hat das nicht.
Bis zur Transplantation ging Sibylle Wiedermann zur Dialyse, dreimal pro Woche für je fünf Stunden. Daneben war sie voll berufstätig. „Die wenige Freizeit und die extremen Ernährungseinschränkungen damals waren hart“, erinnert sie sich. „Ich hatte Krämpfe und war ständig müde.“ Dennoch brauchte sie Zeit, um die Entscheidung der Mutter, ihr eine Niere zu spenden, zu akzeptieren. „Das geht vielen Empfängern eines Organs durch einen Lebend-Spender so“, bestätigt Suwelack. Aber auch andersherum werde genau geprüft, ob irgendwelche Abhängigkeiten bestehen. „Es kam schon einmal vor, dass sich angeblich die Haushälterin eines Freundes als Spenderin zur Verfügung stellen wollte – das geht natürlich nicht“, stellt Suwelack klar. Spenden unter sich nahe stehenden Menschen sind nach Prüfung durch die Transplantationskommission aber grundsätzlich möglich. Und auch nötig. Das Transplantationszentrum am UKM belegte im vergangenen Jahr den dritten Platz bei den Lebend-Nierenspenden in Deutschland. Insgesamt 117 Nieren wurden hier im vergangenen Jahr transplantiert - 44 stammten von lebenden Menschen. Dennoch warten allein in Münster aktuell 570 Patienten auf eine neue Niere, deutschlandweit sind es ca. 8.000. Die Wartezeit beträgt dabei durch-schnittlich sieben Jahre.
Sibylle Wiedermann hatte also Glück im Unglück. Während sie täglich bis zu 25 Medikamente einnehmen muss, hat sich das Leben für ihre Mutter normalisiert. „Ich fühle mich gut und muss nur darauf achten, dass mein Cholesterin und mein Blutzucker im Rahmen bleiben – das wäre ja auch ohne Nierenspende gut für mich.“ Dazu hat sie das gute Gefühl, die Lebenserwartung ihrer Tochter deutlich erhöht und ihr ein Stück Lebensqualität zurückgegeben zu haben. Um wieder mit ihr in den Biergarten zu gehen. Oder spontan in den Urlaub zu fahren.
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