ukm / Ärztekammer W-L / Gymnasium Paulinum
Sechs Jahre lang wurden Schüler in einem deutschlandweit einmaligen Pilotprojekt in Münster und Aachen auf Extremfälle in Notsituationen vorbereitet. Heute hat die letzte Schulungseinheit mit den Notfallexperten des Universitätsklinikums Münster (UKM) im Gymnasium Paulinum stattgefunden. Das Projekt stand unter der Schirmherrschaft des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Ärztekammer Westfalen-Lippe.Alarmierende Zahlen und Fakten zum Problem des plötzlichen Herztodes und der Herz-Lungen-Wiederbelebung in Deutschland
In Deutschland sterben pro Jahr 430 000 Menschen an den Folgen einer Herz- bzw.
Kreislauferkrankung . Etwa 185 000 davon erliegen einer ischämieschen Herzerkrankung. Bei mindestens der Hälfte wiederum davon – also bei etwa 100.000 Deutschen –
tritt das Herz-Kreislaufversagen in Form des sogenannten „Blitztodes“ oder auch „plötzlichen Herztodes“ auf.
Pro Jahr werden in Deutschland rund 60.000 Reanimationen durchgeführt. Die Überlebensrate liegt bei 10 Prozent. 80 Prozent davon überleben mit gutem neurologischem Ergebnis. Das heißt, es bleiben kaum Folgeschäden.
Die Daten aus dem Deutschen Reanimationsregister in Bezug auf die Laienreanimationsrate sind alarmierend. Die Rate liegt bei lediglich 20 %. In den meisten europäischen Ländern - selbst in den USA – liegt diese deutlich höher. In den Niederlanden liegt die Laienreanimationsrate sogar bei 70 %.
Betrachtet man die internationalen Erfolge bei der Laienreanimation, verdoppelt sich die Überlebensrate nach prähospitalem Kreislaufstillstand.
„Dies gilt für Deutschland bisher leider nicht“, weist der Reanimationsexperte und Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie am UKM Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. H. Van Aken auf die Missstände in Deutschland hin. „Das bedeutet schlicht, die Deutschen reanimieren nicht nur viel seltener als die meisten anderen, sie machen es offensichtlich auch noch viel schlechter. Und genau hier müssen wir als Ärzte ansetzen.“
Experten fordern Aufnahme der Laienreanimation in den Lehrplan
Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe Dr. Theodor Windhorst freut sich umso mehr über die Ergebnisse der sechsjährigen Studie „Schüler werden Lebensretter“: „Das Pilotprojekt mit Schülern in Münster und Aachen ist ein voller Erfolg. Eine erfolgreiche Reanimation durch einen Schüler in Münster beweist die Wichtigkeit der Lehrplanintegration und zeigt, dass sich die fachgerechte Schulung von Laien lohnt. Durch den enorm hohen Ausbildungs- und Motivationsgehalt wirkt das Wissen angstlösend und ermutigend, nach dem Erkennen einer prekären Lage wie ein Profi zu handeln und somit Leben zu retten. Wir werden auch in Zukunft Projekte wie „Schüler werden Lebensretter“ fördern. Wichtig ist, dass man bereits Jugendliche durch die Schulung im Lehrplan für die Problematik sensibilisiert.“
Genau aus diesem Grund wird laut dem Schulleiter des Gymnasiums Paulinum Dr. Gerd Grave das Projekt gemeinsam mit den Reanimations-Experten des UKM weitergeführt: „Schüler werden Lebensretter ist für die Schule insgesamt ein stetiger Impuls, das Thema Gesundheit in den Schulalltag zu integrieren. Wir freuen uns auf die Chance, diese Verbindung von Unterricht und praktisch wichtiger Erfahrung fortführen zu können.“
Als Folgeprojekt werden jetzt am Paulinum die Lehrer geschult. Diese können dann dauerhaft die Reanimation in ihren Lehrplan einbinden. „Die Studie hat ergeben, dass es nahezu egal ist, ob jemand die Reanimation von einem gut geschulten Laien gelernt hat oder von einem Spezialisten. Das Ergebnis war gleich positiv“, fühlt sich Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. H. Van Aken in seiner Mission bestätigt. „Wir haben eine Schulungs-Präsentation erstellt, die wir für die Lehrer vervielfältigen können. Außerdem werden die Reanimationsphantome sowie alles Schulungsmaterial beim Paulinum bleiben.
Wir sind mit dem NRW-Ministerium für Schule und Weiterbildung in engem Kontakt. Die Laienreanimation muss verbindlich in den Lehrplan aufgenommen werden, am besten länderübergreifend. Es gibt mehr als 22.000 Anästhesisten in Deutschland. Wir stehen alle bereit, um uns ehrenamtlich für die gute Sache einzusetzen.“