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Die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs kommt oftmals sehr spät, denn die betroffenen Patienten bemerken ihre Krankheit in der Regel erst dann, wenn es für eine Heilung zu spät ist. Für Deutschland bisher einmalig, gibt es am UKM (Universitätsklinikum Münster) jetzt neue Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs. Gerade zu dem Zeitpunkt, bei dem die Chance auf Heilung auf ein Minimum reduziert ist, benötigen die Betroffenen ein Maximum an Lebensqualität. UKM-Experten nehmen hier deutschlandweit eine Vorreiterrolle ein. Privatdozent Dr. Vit0 Cicinnati, gastroenterologischer Oberarzt in der Klinik für Transplantationsmedizin, setzt auf ein neues, besonders schonendes Verfahren aus England. Die Weiterentwicklung von technischem Zubehör für endoskopische Eingriffe im Verdauungstrakt hat es ermöglicht, minimal invasive Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse vorzunehmen. Besonders älteren, nicht operationsfähigen Patienten, die einen nichtoperablen Tumor in der Bauchspeicheldrüse haben, kann er mit diesem neuen Verfahren eine Behandlungsmöglichkeit anbieten. „Dieser Krebs ist oft nicht zu heilen, da er so spät erkannt wird. Doch es ist mir ein großes Anliegen, dass sich die Lebensqualität meiner Patienten erheblich verbessert“, betont Privatdozent Dr. Cicinnati. Das im Vordergrund stehende Symptom bei Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs im fortgeschrittenen Stadium ist der Oberbauchschmerz. „Durch die Zerstörung der lokalen Nervenbahnen kann der Schmerz nicht mehr weitergeleitet werden, das heißt es wird tatsächlich eine Schmerzlinderung erzielt. Bisherige endoskopische Schmerztherapieanwendungen, wie etwa die lokale Injektion von Betäubungsmitteln und Alkohol, sind bei weitem nicht so nachhaltig.“
Hitze gegen Tumoren
Für die besondere Therapie wurden in England (London) spezielle Radiofrequenzablations-Sonden entwickelt. Bei der Radiofrequenzablation handelt es sich um eine Therapieform, bei der Tumoren und Nervengewebe durch lokale (örtliche) Hitzeanwendung zerstört werden. Privatdozent Dr. Vito Cicinnati leitet am UKM in der Klinik für Transplantationsmedizin den Bereich der hepatobiliären Tumoren. Als erster in Deutschland hat Privatdozent Dr. Vito Cicinnati Erfahrungen mit der endoskopischen Radiofrequenzablation sammeln können. Auch am UKM therapierte er bereits die ersten Patienten mit bösartigen Bauchspeicheldrüsenkrebs: „Bei diesem neuen endoskopischen Verfahren wird wie üblich die Bauchspeicheldrüse Ultraschall-gesteuert sondiert und dann die Spezialsonde exakt im Bereich des Tumors oder des umliegenden Nervengewebes platziert. Anschließend wird mittels dieser Sonde eine örtliche Hitzeanwendung für wenige Minuten durchgeführt. Dadurch kommt es zu einer Zerstörung des Tumorgewebes. Die Behandlung fühlt sich für die Patienten wie etwa eine Magenspiegelung an.“
Experten aus ganz Europa hospitieren am UKM
Das UKM soll internationales Referenzzentrum für das spezielle endoskopische Verfahren werden. Experten aus Italien und Österreich verfolgten deshalb vor wenigen Wochen mit großem Interesse die Behandlung einer betroffenen Patientin. Dr. Alberto Larghi von der Universitätsklinik in Rom und Prof. Dr. Andreas Püspök vom Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien waren begeistert von diesem neuen Verfahren. Sie wollen die Methode auch in ihren Krankenhäusern übernehmen.
Alle Möglichkeiten ausschöpfen
Das Universitätsklinikum Münster verfügt zusammen mit den Kliniken der Onkologie und Hämatologie, der Gastroenterologie, der Transplantationsmedizin, der Chirurgie, der Strahlentherapie, der Radiologie und der Nuklearmedizin über interdisziplinäre Ansätze zur Therapie vieler verschiedener Krebserkrankungen. Das spezielle Verfahren aus England kann auch besonders in Verbindung mit einer Chemotherapie und Bestrahlungstherapie angewendet werden.
Die Krankheit
Bösartige Neubildungen der Bauchspeicheldrüse verursachen in frühen Stadien oft keine oder nur unspezifische Symptome, so dass der Tumor häufig erst spät, in einem bereits fortgeschrittenen Stadium, erkannt wird. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate ist daher ausgesprochen ungünstig. Sie liegt in Deutschland für Männer bei 8 Prozent und für Frauen bei 7 Prozent. Der Bauchspeicheldrüsenkrebs weist damit die niedrigsten Überlebensraten unter allen Krebserkrankungen auf. Das mittlere Erkrankungsalter liegt für Männer bei 70, für Frauen bei 76 Jahren. (Quelle: Robert Koch Institut)
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