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Das Universitätsklinikum Münster (UKM) hat aufgrund der Brustimplantate der Firma Rofil Strafanzeige wegen Täuschung gegen Unbekannt gestellt. Hintergrund: Die zwischen 2002 und 2005 auch am UKM eingesetzten Rofil-Implantate wurden zum damaligen Zeitpunkt als geprüfte Markenimplantate mit europäischem CE-Siegel verkauft.
„Die Implantate waren zu dem Zeitpunkt ein in Deutschland zugelassenes Medizinprodukt. Es gab keinerlei Warnungen in der Zeit, als sie am UKM eingesetzt wurden. Wir haben sehr hohe Qualitätsansprüche an jegliche Implantate, die im UKM verwendet werden. Nach den aktuellen Erkenntnissen muss man sagen: Offenbar wurden die Kliniken, die Implantate der Firma Rofil eingesetzt haben, vom Hersteller getäuscht. Uns wurden Implantate als hochwertig verkauft, die trotz des damaligen handelsüblichen Preises von seinerzeit rund 420 Euro pro Implantat minderwertig waren“, erklärt Prof. Dr. Norbert Roeder, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums. Die Strafanzeige richtet sich gegen Unbekannt, da die Firma nicht mehr existiert. Roeder betont zudem: „Billig-Brustimplantate der Firma PIP wurden im UKM zu keiner Zeit eingesetzt.“
Der Hersteller hatte nach Erkenntnissen der Aufsichtsbehörden und aktuellen Medienberichten zufolge offenbar für diese Anwendung nicht zugelassenes Industrie-Silikon als Füllstoff für die Implantate verwendet. Noch ist unklar, wie viele Implantate dieses Industrie-Silikon enthielten. Von sich aus hatte das UKM in der vergangenen Woche nach der erweiterten Empfehlung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 6. Januar 34 Frauen angeschrieben, die zwischen 2002 und 2005 mit einem Rofil-Implantat versorgt worden sind. Prof. Roeder: „Wir fühlen uns und unsere Patientinnen arglistig getäuscht. Aus diesem Grund haben wir auch Strafanzeige gestellt. Denn wir sind davon ausgegangen, dass wir entsprechend unserer Qualitätsstandards hochwertige Implantate verwendet haben, da sie mit dem entsprechenden Siegel und zu seinerzeit marktüblichen Preisen verkauft wurden.“
Aktuell haben sich bereits 18 Frauen im UKM gemeldet. Fünf OP-Termine wurden in den kommenden Wochen vereinbart, um die Implantate zu entfernen. „Es macht uns sehr betroffen, dass Frauen mit Brustkrebs in der Vergangenheit mit einem Implantat versorgt wurden, welches unseren Qualitätsstandards nicht entspricht“, sagt Dr. Joke Tio, seit 2006 Leiterin des UKM-Brustzentrums. „Auch wenn eine Gesundheitsgefährdung oder eine Schadhaftigkeit der von uns implantierten Brustimplantate bisher nicht erwiesen ist, raten wir zu einem Austausch. Wir bieten jeder Patientin einen Untersuchungstermin innerhalb von 24 Stunden an, wenn dies gewünscht ist.“
Am Brustzentrum des Universitätsklinikums Münster werden seit Jahren ausschließlich Brustimplantate der umfangreich zertifizierten Firmen Mentor (USA) und Polytech (Deutschland) genutzt. „Mit diesen Implantaten sind wir und unsere Patientinnen sehr zufrieden. Das zeigen auch die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen“, so Dr. Tio. Auch sie fordert angesichts der jüngsten Ereignisse eine nationales Implantat-Register: „In unserem Brustzentrum am UKM haben wir ein solches Register bereits seit 2007 aufgebaut. Auf nationaler Ebene könnte ein solches Register für die nötige Transparenz sorgen. Denn damit wäre schnell feststellbar, welche Patientin in welcher Klinik mit welchem Implantat wann genau versorgt wurde.“ Inzwischen hat sich am UKM auch eine Patientin gemeldet, die ein Rofil-Implantat in einer anderen Klinik erhalten hat.
Für Patientinnen hat das UKM eine Hotline eingerichtet: Anfragen können direkt an das Brustzentrum des UKM unter der Rufnummer: 0251/83-48278 gestellt werden oder in der Zeit von 18 – 20 Uhr auch unter der Rufnummer 0251/83-45841.
Alles rund um die Universitätsmedizin Münster finden Sie unter twitter.com/UK_Muenster.