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Münster (ukm/jb). Seit 25 Jahren ist das Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA) des Universitätsklinikums Münster (UKM) Kollaborationszentrum der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization WHO) zur Erforschung der männlichen Reproduktion – und zudem das einzige weltweit. Die Andrologie (Männerheilkunde) widmet sich der Behandlung und Erforschung der Störungen der Zeugungsfähigkeit und der Hormonproduktion des Mannes. „Die Andrologie ist ein relativ junger medizinischer Bereich. Als Partner der WHO sind wir maßgeblich an der Erforschung der Zeugungsfähigkeit des Mannes und der Entwicklung weltweit gültiger Qualitätsrichtlinien beteiligt. Das ist eine große Auszeichnung für die Arbeit hier in Münster, über die wir uns sehr freuen“, sagt Prof. Dr. Sabine Kliesch, Chefärztin der Klinischen Andrologie im CeRA am UKM.Jüngstes Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der UKM Andrologie und der WHO ist die Einführung einer neuen WHO-Richtlinie zur Ejakulatuntersuchung. Die Untersuchung des Ejakulats ist eine zentrale Untersuchung bei der Diagnose der männlichen Unfruchtbarkeit. Mit der Einführung der neuen Richtlinie, die in Deutschland bis 2013 umgesetzt werden muss, soll ein hoher Qualitätsstandard in allen andrologischen Laboren etabliert werden. „Als WHO-Zentrum haben wir an der Entwicklung der Richtlinie maßgeblich mitgewirkt und setzen diese bereits seit Jahren um. Durch die Einführung haben betroffene Männer in ganz Deutschland nun mehr Sicherheit bei der Abklärung der Ursachen ihrer Unfruchtbarkeit. Abhängig davon können gezielt therapeutische Maßnahmen zur Kinderwunschbehandlung eingesetzt werden“, unterstreicht die UKM Expertin die Vorteile für die Betroffenen. Und das sind gar nicht so wenige: Etwa jedes sechste Paar in Deutschland ist ungewollt kinderlos – die Ursachen dafür liegen zu gleichen Teilen beim Mann oder der Frau.
„Mindestens sieben Prozent aller Männer im fortpflanzungsfähigen Alter leiden zumindest zeitweise unter Problemen der Zeugungsfähigkeit“, weiß die Urologin und Andrologin Prof. Dr. Sabine Kliesch. Die Gründe dafür sind vielfältig. Nicht nur Nikotin, Alkohol, Stress oder Übergewicht wirken sich negativ auf die Fruchtbarkeit aus, auch ein Hodenhochstand im Kindesalter, Hormonstörungen, eine Infektion der Samenwege, Krampfadern im Hoden oder genetische Ursachen können der Grund für eine Zeugungsunfähigkeit sein. Die gute Nachricht: Vielen Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch kann dennoch geholfen werden. Selbst bei der schwersten Form der Unfruchtbarkeit – nämlich dann, wenn keine Spermien im Ejakulat vorhanden sind, lassen sich bei etwa der Hälfte der betroffenen Männer Spermien durch spezielle Techniken operativ aus dem Hoden gewinnen. Die Spermien werden eingefroren und später bei einer reproduktionsmedizinischen Behandlung genutzt. Zu den reproduktionsmedizinischen Verfahren gehören auch die in vitro-Fertilisation oder die intrazytoplasmatische Spermieninjektion als aufwendigste Methoden. „Reproduktionsmedizinische Behandlungen nehmen jährlich rund 200.000 Paare in Anspruch und bis zu 20 Prozent von ihnen sind neun Monate später glückliche Eltern“, gibt Kliesch vielen Paaren Hoffnung. Nichtraucher schützen sich nach Auskunft der Expertin übrigens am besten vor männlicher Unfruchtbarkeit. Denn Rauchen senkt die Befruchtungsrate um die Hälfte. Hintergrund
Die WHO wurde 1948 mit dem Ziel gegründet, für alle Völker das höchstmögliche Gesundheitsniveau zu erreichen. Mit ihren 194 Mitgliedstaaten ist die WHO federführend in globalen Gesundheitsfragen und in der Gestaltung der Forschungsagenda für Gesundheit, im Aufstellen von Normen und Standards. Die Kooperationszentren sind von der WHO ernannte Einrichtungen, die als Teil eines internationalen Kooperationsverbunds die Programme der WHO auf allen Ebenen aktiv unterstützen. Insgesamt gibt es nach Angaben der WHO ca. 800 WHO-Kooperationszentren in über 80 Mitgliedstaaten. Das Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie am UKM ist seit 1987 das weltweit einzige Kollaborationszentrum zur Erforschung der männlichen Reproduktion. Um den Status als Kollaborationszentrum über einen so langen Zeitraum hinweg zu erhalten, muss das CeRA regelmäßig sein wissenschaftliches und fachliches Renommee sowie die Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen Institutionen erfolgreich unter Beweis stellen. Zu den Arbeitsschwerpunkten des CeRAs gehören die Unfruchtbarkeit des Mannes, die verzögerte Pubertätsentwicklung, der alternde Mann, die Produktion und Wirkung des Testosterons, die erektile Dysfunktion und die Kontrazeption auf Seiten des Mannes. Bild: Seit 25 Jahren ist das Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA) des UKM Kollaborationszentrum der WHO zur Erforschung der männlichen Reproduktion