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Zahl der eingesetzten Kunstherzen steigt / „Primäres Ziel bleibt die Transplantation“

Jan Detert (mitte) zeigt ein Kunstherz, das drei Monate in seiner Brust schlug, l. Prof. Dr. Jürgen Sindermann, r. Prof. Dr. Andreas Hoffmeier.
Jan Detert (mitte) zeigt ein Kunstherz, das drei Monate in seiner Brust schlug, l. Prof. Dr. Jürgen Sindermann, r. Prof. Dr. Andreas Hoffmeier.
UKM-Patient Jan Detert lebte drei Monate mit einem Kunstherz / Zahl der Organspenden stagniert deutschlandweit
ukm/dre
„Das Kunstherz hat mir das Leben gerettet“ – kurz und knapp antwortet Jan Detert auf die Frage, wie er auf die Zeit zurückblickt, als das mechanische Gerät in seiner Brust das Blut durch seinen Körper pumpte. Drei Monate übernahm es die Herzfunktion des Landwirts aus der Grafschaft Bentheim (Niedersachsen). Jetzt schlägt ein Spenderherz in seiner Brust. Am 30. Januar 2011 setzten ihm die Herzchirurgen des Universitätsklinikums Münster (UKM) ein komplett implantierbares Kunstherz ein. Nach einem schweren Herzinfarkt war der Herzmuskel seines eigenen Herzens eingerissen, die Pumpfunktion reichte nicht mehr aus, um den Körper von Jan Detert mit Sauerstoff zu versorgen. Das Ziel der Herzmediziner: Die Zeit überbrücken, bis ein geeignetes Spenderherz für Jan Detert zur Verfügung steht. Drei Monate später, am 29. April 2011, wurde dem 61-Jährigen ein neues Herz in der Uniklinik Münster transplantiert. „Der Einsatz von Kunstherzen steigt deutschlandweit kontinuierlich an. Damit kann für viele schwer herzkranke Patienten die nötige Zeit gewonnen werden, zumal die neuen Systeme heute weitaus besser sind als noch vor zehn Jahren. Allerdings stagniert die Zahl der Spenderherzen. Der Mangel an Spenderorganen bleibt trotz der besseren Versorgung durch Kunstherzen bestehen“, erklärt Prof. Dr. Andreas Hoffmeier, Leitender Oberarzt in der Klinik für Thorax-, Herz und Gefäßchirurgie des UKM.
Selten würden der Fortschritt und gleichzeitig die Grenzen der modernen Medizin so deutlich wie bei den heutigen Möglichkeiten beim Einsatz von Kunstherzen, blickt der Herzchirurg auf die aktuelle Entwicklung: „Vor zehn Jahren konnte durch den Einsatz von Kunstherzsystemen bei ca. der Hälfte der betroffenen Patienten die Zeit bis zur Transplantation erfolgreich überbrückt werden. Heute liegt dieser Wert bei 80 Prozent auch dank der technischen Weiterentwicklung der Geräte. Das ist die positive Entwicklung, der leider der deutlich spürbare Mangel an Organen entgegen übersteht.“ Prof. Dr. Jürgen Sindermann, Oberarzt in der Herzchirurgie des UKM, betont: „Ein Kunstherz ist in der Regel ein temporäres Unterstützungssystem und kein dauerhafter Ersatz. Das primäre Ziel ist und bleibt die Transplantation.“ Leider stehen in Deutschland deutlich zu wenig Spenderorgane zur Verfügung, und auch aktuell gehen die Transplantationszahlen aufgrund des Organmangels weiter zurück. Ein Grund dafür sei sicher die Gesetzeslage in Deutschland: Derzeit gilt die sog. Zustimmungslösung. „ Ein Blick zu unseren europäischen Nachbarn zeigt aber, wie das Problem des Organmangels mit der sog. „Widerspruchslösung“ besser gelöst werden kann. In Österreich, Belgien oder Spanien stehen pro Million Einwohner doppelt so viele Spenderorgane zur Verfügung. Deutschland trägt in Europa das Schlusslicht. Die derzeit in Deutschland diskutierte „Erklärungslösung“ stelle zwar einen erneuten Versuch dar, dies zu ändern, aber ohne eine klare Position zu beziehen“, so die Herzmediziner. Vor dem Hintergrund nicht ausreichender Spenderorgane werden seit zwei Jahren in Deutschland mehr Kunstherzen als Spenderherzen eingesetzt. Im letzten Jahr waren es 671 Kunstherzen. Die Herzspezialisten des UKM sind froh, dass für Jan Detert so schnell ein Spenderherz gefunden werden konnte, aber sie betonen auch: „Das war eine Ausnahme, die Wartelisten sind lang“. Aktuell beträgt die Wartezeit auf ein Spenderherz in Deutschland für mehr als die Hälfte der Patienten mehr als ein  Jahr, etwa ein Drittel der Wartelistenpatienten wartet länger als zwei  Jahre auf das lebensrettende Organ. Alleine am Universitätsklinikum Münster stehen momentan 65 Menschen auf der Warteliste für ein neues Herz, 26 von ihnen derzeit auf ein Kunstherzsystem angewiesen. Für die meisten Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz bleibt eine Herztransplantation auch heute noch die einzige und letzte Behandlungsmethode sowohl bei Erwachsenen und bei Kindern. Insgesamt wurden in der Herzchirurgie des UKM von 1990 bis heute über 450 Herzen und Lungen transplantiert, davon 25 bei Kindern. Mit der Implantation künstlicher Herzen konnten die UKM-Herzchirurgen bislang mehr als 300 Patienten helfen. Zwischen drei und fünf Stunden dauert das Einsetzen eines Kunstherzens. Geräte der heutigen Generation wiegen rund 100 Gramm und pumpen zwischen fünf und acht Litern Blut pro Minute. Prof. Hoffmeier: „Die Geräte werden kleiner, leistungsstärker und komplikationsärmer. Durch tragbare Versorgungssysteme müssen Patienten heute auch nicht mehr zwingend im Krankenhaus auf eine Spenderherz warten.“ Der älteste Patient dem die Spezialisten der UKM-Herzchirurgie ein Kunstherz einsetzten war 72 Jahre alt, die jüngste Patientin drei Monate alt. Jan Detert ist glücklich, dass bei ihm das Kunstherz die Zeit bis zur Transplantation überbrücken konnte: „Natürlich stellt man sich die Frage: Wie lange dauert es, bis ein Herz zur Verfügung steht? Sind es Wochen, sind es Monate? Diese Zeit des Wartens ist nun vorüber.“ Im ersten Halbjahr 2011 wurden nach Angaben der Deutschen Stiftung für Organtransplantation in Deutschland 164 Herzen transplantiert, deutlich weniger als im Vergleichszeitraum 2010. Dort waren es in sechs Monaten 191. Prof. Hoffmeier und Prof. Sindermann: „Diese Entwicklung ist dramatisch.“
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