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Alle 45 Minuten erkrankt ein Mensch an Leukämie. Allein in Deutschland wird die Krankheit jährlich bei mehr als 10.000 Menschen diagnostiziert. Bei Kindern und Jugendlichen sind akute Leukämien die häufigste Krebserkrankung. Bei sehr schweren Verlaufsformen sowie einigen anderen Knochenmarkserkrankungen bleibt oft nur eine Form der Therapie: die Stammzelltransplantation. Hierbei wird vermehrt auf Nabelschnurblut zurückgegriffen. Seit November besteht die Möglichkeit, am Uniklinikum Münster (UKM) Nabelschnurblut zu spenden. Über 3,5 Mio. Menschen in Deutschland sind als potentielle Stammzellspender registriert. Dennoch ist es nicht immer möglich, einen geeigneten Spender zu finden, denn: Um das Risiko von Komplikationen möglichst gering zu halten, sollte eine sehr hohe Übereinstimmung zwi-schen dem Gewebematerial von Spender und Empfänger vorherrschen. Und genau hier liegt der Vorteil von Nabelschnurblut. Prof. Dr. Claudia Rössig, leitende Oberärztin in der pädiatri-schen Hämatologie und Onkologie am UKM: „Nabelschnurblut ist besonders wertvoll, da es reich an jungen, differenzierungsfähigen Stammzellen ist, die für die Wiederherstellung eines neuen, gesunden Blut- und Immunsystems eines Patienten notwendig sind. Die gewonnenen Blutstammzellen haben daher ein sehr hohes Potential bei der Behandlung von Erkrankungen wie Leukämie.“
Während einer Stammzelltransplantation wird das eigene erkrankte blutbildende System der Patienten mittels einer Hochdosis-Chemotherapie komplett ausgeschaltet. Auf diese Weise soll die Bildung neuer bösartiger Blutzellen verhindert werden. Durch Infusionen von gesunden Stammzellen bekommt der Körper dann die Chance, ein neues Blut- und Immunsystem aufzu-bauen. Weil die Stammzellen aus Nabelschnurblut in ihren Gewebemerkmalen noch sehr un-differenziert sind, sind sie für den Patienten besser verträglich und die Wahrscheinlichkeit von Abstoßungsreaktionen (Graft Versus Host Disease) ist geringer.
Im Gegensatz zur Knochenmarkspende, die mit einem operativen Eingriff für den Spender verbunden sind, ist die Spende von Nabelschnurblut absolut risikolos für den Spender und da-her auch in der Anwendung ethisch völlig unbedenklich. So müssen die Eltern eines neugebo-renen Kindes lediglich der Verwendung zustimmen. Prof. Dr. Walter Klockenbusch, Leiter der UKM Geburtshilfe, freut sich, dass es seit Ende November im UKM die Möglichkeit zur Nabel-schnurblutspende besteht. „Das UKM hat sich bewusst für die Zusammenarbeit mit einer Öf-fentlichen Blutbank entschieden. Wir sind froh, mit der José Carreras-Stammzellbank einen Kooperationspartner gefunden zu haben, bei dem die Stammzellen jederzeit und für jeden zur Verfügung stehen“, betont Klockenbusch. So ist die Wahrscheinlichkeit, an Leukämie zu er-kranken und gleichzeitig eine Transplantation zu benötigen, sehr gering. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Gendefekt bereits vor der Geburt in den blutbildenden Zellen angelegt wurde, was bei einer Eigenbluttherapie kontraproduktiv wäre. „Sowohl aus medizinischer als auch aus ethischer Sicht ist für uns deutlich, dass eine Nabelschnurblutspende nur dann sinnvoll ist, wenn alle, die es benötigen, darauf zugreifen können.“ Mit dieser Haltung entspricht das UKM den Grundsätzen der José Carreras-Stammzellbank, die der Startenor in wenigen Worten zu-sammenfasste: „Unser Ziel ist klar: Leukämie muss heilbar werden. Immer und bei jedem.“