Hinweis für Pressevertreter

Bitte richten Sie zur Entlastung unserer Patientenversorgung sämtliche Anfragen zum SARS-CoV-2 (Corona) direkt an die UKM-Unternehmenskommunikation.

Bitte beachten Sie, dass Sie sich nur in Abstimmung mit der UKM-Unternehmenskommunikation auf dem UKM-Klinikgelände aufhalten und auch nur mit einer gültigen Drehgenehmigung auf dem UKM-Klinikgelände drehen dürfen.


Anja Wengenroth
Pressesprecherin
T +49 251 83-55800
M +49 170 5420566  
anja.wengenroth@ukmuenster.­de

 

Abschied nach über 22 Jahren: Herzchirurg Prof. Dr. Hans H. Scheld verlässt das UKM

Prof. Dr. Hans H. Scheld
Prof. Dr. Hans H. Scheld
„Die Herzchirurgie erzieht zur Demut“
ukm/dre
„Einfach mal ohne Druck in die Stadt gehen. Ein Konzert oder ein Theater besuchen. Das Telefon abends ausstellen. Ungestört Zeit mit meiner Familie verbringen.“ Es mag auf den ersten Blick nach bescheidenen Wünschen klingen, mit denen Prof. Dr. Hans H. Scheld seine Pläne für die Zukunft skizziert. Sie geben einen kleinen Eindruck davon, welche Verantwortung er seit April 1989 als Direktor der Klinik und Poliklinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Münster (UKM) trug und bis zu seinem letzten Arbeitstag am 31. Oktober tragen wird: Dann verlässt der 65-jährige das UKM nach über 22 Jahren als Klinikdirektor. „Prof. Scheld hat die die Herzchirurgie geprägt, nicht nur in Münster. Seine Zeit am UKM war eine extrem erfolgreiche Ära für sehr viele Patienten und das Universitätsklinikum. Für seinen unermüdlichen Einsatz als Mediziner, Wissenschaftler und Hochschullehrer bedanke ich mich nachdrücklich“, betont Prof. Dr. Norbert Roeder, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor des UKM. „In der Herzchirurgie gibt es keinen `doppelten Boden´. Der Erfolg einer Operation ist in jeder Hinsicht direkt zu sehen. Die Herzchirurgie erzieht zur Demut. Natürlich gibt es standardisierte Abläufe bei den Operationen und keine andere Disziplin durchläuft eine so weit reichende und anspruchsvolle Qualitätssicherung wie die Herzchirurgie. Aber jeder Patient, jede Operation ist anders. Man muss immer mit allem rechnen“ blickt Prof. Scheld, Vater einer Tochter und eines Sohnes und zweifacher Großvater, auf „seine“ Disziplin.
Und natürlich steht die Herzchirurgie besonders im Blickpunkt der Öffentlichkeit: „Das Herz ist nicht nur eine präzise arbeitende Hochleistungsmuskelpumpe für unser Leben, es ist ein fast mystisches Organ, verbunden mit Emotionen in allen Facetten. Herzchirurgie bedeutet Leidenschaft, Arbeitsbereitschaft, Disziplin und individuelle Qualität, kann aber auch bisweilen Emotion und Gänsehaut pur auslösen. Für mich steht und stand immer fest: Nur mit höchster persönlicher Disziplin ist die große Belastung, sowohl körperlich und auch seelisch, zu bewältigen. Danach habe ich gelebt und habe dies stets meinen Mitarbeitern vorgelebt und weitergegeben“. Mit Erfolg, wie ein Blick auf zahlreiche Berufungen seiner Mitarbeiter an andere Universitätskliniken oder auf Chefarztpositionen zeigen, die aus „seiner“ Klinik heraus erfolgten. Wichtig sei dabei ein stetes Lernen. Prof. Scheld vergleicht die Anforderungen eines Arztes gerne mit denen einen Spitzensportlers: „Wenn man sein Ziel nicht erreicht, geht man nicht raus zum Weinen, sondern zum Training.“ Seine Tätigkeit in Münster betrachtet er als eine „äußerst gute Zeit“, die allerdings auch mit einem extrem hohen persönlichen Aufwand verbunden war: „Herzchirurg ist kein Acht-Stunden-Job.“ Und seine Zeit in Münster war eine Zeit, die auch die Entwicklung und die Erfolge der Herzchirurgie der vergangenen Jahrzehnte aufzeigt: 1990 verpflanzte er das erste Herz am UKM und jährlich folgten weitere Neuerungen, die die Patientenversorgung verbesserten. Etwa spezielle Operationen an Säuglingen, wie die arterielle Switch-Operation oder die Norwood-Operation, 1990 und 1991, die erste Herz-Lungen-Transplantation fand 1993 in Münster statt, die erste Implantation eines Kunstherzens bei einem Säugling 1996. Diese Liste lässt sich für jedes Jahr bis 2011 fortführen. Und sie geht einher mit dem Aufbau von Strukturen jenseits der OP-Säle und der Krankenzimmer: Die erstmalige Einbindung einer Psychologin in das Klinikteam in Deutschland 1990, die Gründung von Selbsthilfegruppen, des „Herzzentrums Münster e.V.“ oder der westfälischen Herzstiftung. Rund 59.000 Operationen in 22 Jahren Rund 59.000 Operationen wurden seit 1989 in der Herzchirurgie des UKM unter der Verantwortung von Prof. Scheld durchgeführt, davon über 3.000 Operationen bei Säuglingen und Kindern und über 450 Transplantationen von Herzen und Lungen. Das Thema „Herztransplantationen“ ist fest in der Öffentlichkeit verankert. Ein weiterer medizinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt von Prof. Scheld dagegen „nur“ der nationalen und internationalen Fachwelt wohl bekannt: Die Operation von Herztumoren. 1987, noch in Gießen, entfernte er erstmals erfolgreich einen Tumor aus einem Herzen, das er zuvor dem Körper entnommen und nach der Entfernung des Tumors wieder in den Körper des Patienten eingesetzt hatte. Dieses Vorgehen war nötig, da beim Verbleib des Herzens im Körper keine vollständige Tumorentfernung möglich gewesen wäre. Bis heute kommen Patienten aus Deutschland und der ganzen Welt zu solchen Eingriffen in die Herzchirurgie des UKM. Auch aktuell fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ein wissenschaftliches Projekt der Münsteraner Herzchirurgie auf diesem Gebiet. „Solche Projekte, aber auch nur ein Blick auf die umfangreiche Publikationsliste der Klinik von Prof. Scheld, unterstreichen eindrucksvoll seinen Ruf als international renommierter Wissenschaftler. Von den Ergebnissen seiner Arbeit haben bis heute viele Patienten großen Nutzen gehabt. Und er hat sich enorme Verdienste in der Lehre erworben und damit viele Studierende für seine Fachdisziplin gewinnen und begeistern können“, ergänzt der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Dr. Wilhelm Schmitz. Nicht nur im Operationssaal und im Hörsaal wirkte Prof. Scheld für seine Fachdisziplin. „Als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) hat er ganz entscheidend unsere Fachgesellschaft weiter entwickelt, die Vorstandsarbeit professionalisiert und die Gesellschaft neu ausgerichtet. Nur ein Beispiel ist die Qualifikation der Fachärzte. Hier wurden unter seiner Initiative neue Wege beschritten, etwa mit der Einführung von Zertifikaten für Kinderherzchirurgie und Transplantationschirurgie“, erklärt der künftige Präsident der Gesellschaft, Prof. Dr. Jochen Cremer (Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein). Die medizinische Laufbahn von Prof. Scheld begann 1966 mit dem Studium an der Justus-Liebig-Universität Gießen. In der dortigen Klinik für Innere Medizin begann er 1973 nach seiner Promotion als Assistenzarzt, wechselte danach in die Chirurgische Klinik, wo 1980 die Anerkennung als Facharzt für Chirurgie erfolgte. 1985 wurde er Facharzt für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie und 1988 von der Universität Gießen zum Professor auf Lebenszeit berufen. Im selben Jahr führte er dort die erste Herztransplantation durch, bevor er ein Jahr später nach Münster wechselte. Für Prof. Scheld war es jetzt zudem eine „Selbstverständlichkeit“, dass er auch zwei Monate lang die Klinik nach seinem 65. Geburtstag weiter leitete, bis am 1. November sein Nachfolger nach Münster kommt und es eine nahtlose Übergabe gibt. Prof. Roeder: „Auch für diese Bereitschaft bedanke ich mich ganz herzlich.“ Sein Büro im Zentralklinikum des UKM hat Prof. Scheld bereits frühzeitig aufgeräumt. Die vielen Fotos, Karten und Briefe von Patienten und Angehörigen hat er von der Wand hinter seinem Schreibtisch genommen. Die Fachbücher aus den Regalen an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschenkt. Einen signierten Fußball von Preußen Münster wird er mitnehmen, ebenso ein persönliches Bild des Künstlers Otmar Alt, wenn er sein Büro bald ganz räumt für seinen Nachfolger. Prof. Scheld: „Ich gehe ohne Wehmut und bin vielen Weggefährten, Freunden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der verschiedensten Berufsgruppen dankbar für die Zeit in Münster, auch wenn es mal Gegenwind gab. Besonders wichtig dabei war immer die Unterstützung durch meine Familie.“ Sorge um die Organspendezahlen Mit großer Sorge und auch mit Unverständnis blickt Prof. Scheld auf die Entwicklung der Organspendezahlen in Deutschland: „Vor der immer größer werdenden Zahl vergeblich auf ein neues Herz wartender Schwerkranker kann ich nicht verstehen, warum in Deutschland die Widerspruchslösung nicht funktionieren soll. Die derzeit diskutierte Erklärungslösung stellt nur einen erneuten Versuch dar, etwas zu ändern, ohne eine klare Position zu beziehen. Es muss doch von einem mündigen Bürger, und solche wollen wir doch alle sein, erwartet werden können, dass er sich mindestens einmal im Leben der Frage der Organspende stellt. Selbst wenn er zu dem Ergebnis kommt, dass er diese nicht befürwortet, bedarf es lediglich eines „Nein“. In vielen anderen europäischen Ländern funktioniert dies ausgezeichnet.“ Ebenso wichtig ist ihm aber auch der Hinweis auf einen anderen Aspekt: „Trotz aller Kritik: Wir haben in Deutschland das beste Gesundheitssystem der Welt. Warum sonst musste ich es häufig erleben, dass sich zahlreiche Patienten, wenn sie im Ausland, etwa im Urlaub, ernsthaft erkranken, schnellstmöglich nach Deutschland zurück fliegen lassen?“ Urlaub – auch den wird Prof. Scheld mit seiner Frau, mit der er seit über 40 Jahren verheiratet ist, nach dem 31. Oktober in Ruhe machen können. Dabei kann er das Telefon mit ruhigem Gewissen auch ausstellen. Oder einfach über seinen „geliebten“ Markt in Münster bummeln. Oder ins Fußballstadion gehen oder in das Theater. Oder einfach mal alles zusammen an einem Wochenende. Und sich dann vielleicht einmal an der Universität Münster einschreiben für das Studium im Alter. Eventuell Philosophie oder Theologie. Sicher ist: Die Entscheidung wird er in Ruhe treffen.
Zurück
 
 
 
 

Folgen Sie uns bei Twitter

Alles rund um die Universitätsmedizin Münster finden Sie unter  twitter.com/UK_Muenster.