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Einen Stift halten, ein Bild malen: Für den vierjährigen Abdullah aus dem Irak war dies bislang nicht möglich. Er leidet an der Schmetterlingskrankheit, im Fachbegriff „Epydermolysis bullosa“: Schon bei der kleinsten Belastung der Haut treten Bläschen auf, die Haut reißt ein, es bilden sich Narben. In der Folge „verklumpen“ die Hände durch die starke Narbenbildung. „Die Hände sehen dann so aus, als wenn sie eine geballte Faust in Wachs getaucht hätten und dann wieder herausholen“, erklärt Handchirurg Dr. Martin Langer von der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Münster (UKM, Direktor: Prof. Dr. Michael J. Raschke). Er operierte den Jungen in den vergangenen Wochen mehrmals: Jetzt kann Abdullah seine Verbände selbst abwickeln und seine Hände nutzen – zum ersten Mal in seinem jungen Leben. Inzwischen hat er mit seiner Familie das UKM verlassen und ist in seine Heimat zurückgekehrt.
„Bei dieser extremen seltenen Erkrankung handelt es sich um einen angeborenen Gendefekt.. In Deutschland sind ca. 400 Menschen betroffen. Die landläufige Bezeichnung Schmetterlingskrankheit kommt daher, weil die Haut der Patienten so verletzlich ist wie der Flügel eines Schmetterlings“, so Handspezialist Langer. Die längste Operation dauerte vier Stunden: „Zuerst mussten wir die Finger chirurgisch von einander trennen und aus der Hohlhand befreien. Dann wurden von den Fingerkuppen abwärts Drähte durch die Knochen in jeden einzelnen Finger geführt, damit die Finger in einer geraden Stellung bleiben“, erklärt der Handchirurg. Er betont: „Abdullah war bei den Verbandswechseln unglaublich tapfer.“
Das zeigte sich auch nach der Operation, als der kleine Junge aus der Narkose erwachte: „Ein solcher Eingriff schmerzt natürlich enorm. Abdullah blickte mit großen Augen aber auf seine Hände, hielt sie dann hoch und zeigte sie stolz allen anwesenden Ärzten und Pflegern. Wir alle haben schon viel erlebt, dass war aber ein enorm emotionaler Moment“, erinnert sich Langer. Inzwischen kann sich Abdullah selbst die Verbände abnehmen, was ihm viel mehr behagt als wenn dies andere tun. „Er kann zum ersten Mal in seinem Leben seine Hände richtig nutzen, ist nun viel selbstständiger. Für seine Entwicklung ist dies enorm wichtig, er kann jetzt nach dem Leben greifen“, so der Chirurg.
Gleichwohl betont er auch: „Die Krankheit ist bislang nicht heilbar. Auch in Zukunft muss Abdullah medizinisch versorgt werden. Wir sind aber zuversichtlich, dass er nun für lange Zeit seine Hände nutzen kann.“ Für die Zeit nach seinem Aufenthalt im UKM wurde er mit entsprechenden Hilfsmitteln durch Spenden versorgt. Die Behandlung am UKM wurde durch Spenden der „Carls Stiftung“ ermöglicht und durch die Stabsstelle „Internationales Patientenmanagement“ des UKM organisiert.
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