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Nach bereits über 100 kathetergestützten Herzklappenimplantationen zählt das Universitätsklinikum Münster (UKM) nun zu den ersten Kliniken weltweit, die eine verbesserte Technik mit verkleinerten Katheterdurchmessern zur Herzklappenimplantation in der Patientenversorgung einsetzen kann. Die neuen Katheter wurden dabei nochmals um 25 Prozent im Durchmesser von ca. acht auf sechs Millimeter reduziert. Davon profitieren speziell Patienten mit sehr kleinen oder stark erkrankten Blutgefäßen.
Seit der Errichtung des Zentrums für angeborene und erworbene Herzfehler (EMAH) am UKM unter der Leitung von Prof. Dr. Helmut Baumgartner im Jahr 2008 werden von einem Team aus Kardiologen und Herzchirurgen vor allem älteren Patienten mit hohem Risiko für einen herzchirurgischen Eingriff Herzklappen am schlagenden Herzen und ohne Herz-Lungenmaschine mit Hilfe einer speziellen Herzkathetertechnik eingesetzt. Schon bei über 100 dieser sehr schwer erkrankten Patienten konnte diese Methode in knapp zwei Jahren im UKM mit großem Erfolg durchgeführt werden.
Bisher war die Durchführung dieses Eingriffs über die Leistenschlagader - die schonendste Behandlungsvariante - allerdings nur bei einem Teil der Patienten einsetzbar. Nur bei Patienten mit ausreichend großen und nicht stärker erkrankten Gefäßen konnten die Katheter aufgrund ihrer Größe ohne Verletzungsgefahr eingebracht werden. Bei den übrigen Patienten (am UKM ca. 40 Prozent) wurde der Katheter über die Herzspitze direkt in die linke Herzkammer eingeführt, nachdem zuvor der Brustkorb mit einem links-seitlichen Schnitt geöffnet wurde.
Nur noch sechs Millimeter im Durchmesser
Jetzt steht am UKM als Ergänzung eine neue Kathetertechnik zur Verfügung. Das UKM zählt damit zu den ersten Kliniken weltweit, die diese neue Technik einsetzen. Die ersten Eingriffe auf dieser Art am UKM konnten am 7. April erfolgreich durchgeführt werden. Die neuen Katheter wurden dabei um 25 Prozent im Durchmesser von ca. acht auf sechs Millimeter reduziert. „Damit können wir den Katheter auch bei kleineren Becken- und Beinarterien einsetzen. So kann eine noch größere Zahl von Patienten von dieser neuen Methode profitieren: speziell ältere Patienten mit Verengung der Herzklappe zwischen linker Herzkammer und Hauptschlagader, der so genannten Aortenstenose, die durch Zusatzerkrankungen für die konventionelle Operation ein bedenklich hohes Risiko hätten“, betont Prof. Dr. Helmut Baumgartner.
Beim etablierten Katheterverfahren ist die Herzklappe in ein Drahtgeflecht (Stent) eingenäht, welches vor dem Eingriff auf einen Ballonkatheter montiert wird. Nach der exakten Platzierung im Herzen wird genau in Höhe der erkrankten Herzklappe der Ballon gefüllt und dadurch der Stent entfaltet, die alte Klappe an die umgebende Wand gedrückt und der Stent mit der neuen Klappe auf diese Weise fest verankert. Hierzu ist allerdings eine entsprechende Größe der Katheter nötig.
Katheter und Herzklappe werden im Körper zusammengeführt
Um die Kathetergrößen weiter reduzieren zu können, musste daher eine neue Technik entwickelt werden, die es ermöglicht, die neue Klappe erst im Körper auf den Ballon aufzubringen. „Diese neuen Behandlungsmöglichkeiten sind gerade in einer immer älter werdenden Gesellschaft von besonderer Bedeutung. Der Ersatz der Herzklappe durch eine Operation am offenen Herzen ist seit vielen Jahren ein standardisierter Eingriff mit sehr guten Ergebnissen. Unsere Aufgabe als Universitätsklinikum ist es natürlich auch, weitere Fortschritte in der Medizin zu entwickeln und mit den Ärztinnen und Ärzten in Zusammenarbeit mit der Industrie diese Fortschritte in die Versorgung kranker Menschen einzuführen, um auch Patienten in früher aussichtslosen Situationen helfen zu können. Mit dieser neuen Generation von über den Katheter einsetzbaren Herzklappen können wir nun weitere schwer erkrankte Patienten auf diesem Weg erfolgreich behandeln“, erklärt Prof. Dr. Norbert Roeder, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKM.
Die Verengung der Aortenklappe ist die häufigste Herzklappenerkrankung in den industrialisierten Ländern. Bei Menschen über 65 Jahren liegt dort die Krankheitshäufigkeit bei rund vier Prozent.