ukm/sh
Gleich zwei Veröffentlichungen in der Dezemberausgabe in dem renommierten internationalen Wissenschaftsmagazin „Nature Genetics“ – das kommt einer statistischen Wahrscheinlichkeit von Sechslingen gleich. Prof. Dr. Heymut Omran, Direktor der UKM-Klinik für allgemeine Pädiatrie ist dieses Kunststück mit seiner Arbeitsgruppe gelungen. Er hat zwei Gene im Menschen gefunden, deren Defekte die Ursache für eine Erkrankung namens „Primäre ziliäre Dyskinesie“ (PCD) sind. PCD ist eine genetische Erkrankung, die schwerste Atemwegserkrankungen verursacht, bei Männern häufig zu einer Unfruchtbarkeit führt und bei der Hälfte der Betroffenen einen Situs inversus, also eine spiegelbildliche Anordnung der Organe verursacht: Das Herz schlägt rechts, statt links. Milz, Leber, Magen – alles befindet sich auf der jeweils anderen Seite.
Auslöser für diese Krankheiten ist eine Bewegungsstörung der Zilien, also der Flimmerhärchen, die viele Organoberflächen, vor allem in den oberen und unteren Atemwegen, auskleiden. Sind die Härchen gesund, transportieren Sie Schmutzpartikel wie Keime, Staub oder Pollen in Richtung Mundhöhle. Diese kontinuierliche Reinigung der oberen und unteren Atemwege trägt wesentlich zur Infektionsabwehr des Atemtraktes bei. Versagen hier die Flimmerhärchen, leiden die Patienten unter immer wiederkehrenden Infekten, Atemnot, Bronchitis oder Lungenentzündung. In besonders schweren Verläufen kann sogar eine Lungentransplantation nötig werden.
Omran und seine Arbeitsgruppe konnten nun beweisen, dass nicht nur der Motor, der die Härchen steuert, defekt sein kann, sondern auch der Steuerungsapparat des Motors. „Damit haben wir zum ersten Mal für menschliche Erkrankungen den Nachweis, dass es einen Defekt im Getriebe (Steuerungsmechanismus) eines biologischen Motors gibt“, erklärt Omran. Er gehört weltweit zu einer Hand voll Experten, die für PCD eine Diagnostik mittels Hochfrequenz-Videomikroskopie anbieten. Über einen Nasenabstrich gewinnt er unkompliziert Atemwegszellen, die er dann unter dem Mikroskop anschauen und beurteilen kann. „Um nun neue Therapieverfahren zu entwickeln, führen wir keine Versuche an Menschen durch“, erläutert der Wissenschaftler, „sondern wir kultivieren die Flimmerhärchen tragenden Zellen und behandeln sie dann im Reagenzglas.“
Der Weg mag noch weit sein, bis schlagkräftige Therapien für PCD verfügbar sind. Einen ersten wichtigen Schritt dahin hat Omran nun jedoch bewältigt. In Deutschland leiden rund 2.500 Menschen an dieser Krankheit.
Alles rund um die Universitätsmedizin Münster finden Sie unter twitter.com/UK_Muenster.