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Die elfjährige Christina Harmeier kann wieder lachen. Kein Wunder, heute (6. August) kann sie das Krankenhaus verlassen und zu ihren Geschwistern und Eltern nach Neuenkirchen (Kreis Osnabrück). Vor zwei Wochen sah das noch anders aus: Gemeinsam kämpften Ärzte des Universitätsklinikums Münster (UKM) und des St. Franziskus-Hospitals Münster um ihr Leben. Nur durch die schnelle Zusammenarbeit beider Kliniken und einem bislang einmaligen Rettungseinsatz in Münster gelang es den Ärzten, die junge Patientin zu retten.Privat-Dozent Dr. Karsten Wiebe, Leiter der Thoraxchirurgie am UKM, erinnert sich gut an den Anruf der Kollegen aus dem St. Franziskus-Hospitals an einem Samstagnachmittag: „Es lag ein sehr schweres Lungenversagen vor. Die sehr starke, invasive Beatmung reichte nicht mehr aus, um den Körper ausreichend zu versorgen. Der Kreislauf war eingebrochen, ein Herzversagen drohte. Der Anschluss an eine künstliche Lunge war dringend erforderlich.“ Das Problem: Der dazu nötige Krankentransport vom St. Franziskus-Hospital in das UKM wäre eine zu starke Belastung für Christina gewesen. Also entschied sich Lungenexperte Dr. Wiebe, die künstliche Lunge (der Fachbegriff für das Verfahren lautet: Extrakorporale Membranoxygenierung, kurz ECMO), in einen Krankenwagen zu packen und mit dem Gerät und einem Notfall-Team in das St. Franziskus-Hospital zu fahren. Dort führte er auf der Intensivstation die Operation durch, die zum Anschluss des Gerätes nötig ist. Dr. Wiebe: „Es war das erste Mal, dass ich ein Kind retten konnte, in dem wir die ECMO bereits in einem anderen Krankenhaus angeschlossen haben. Es hat komplikationslos geklappt, vor allem durch die exzellente Zusammenarbeit mit den Kollegen vor Ort.“ Direkt nach dieser Operation folgte eine weitere Premiere: Angeschlossen an die künstliche Lunge wurde Christina begleitet von Dr. Wiebe in das UKM gebracht und dort in der UKM-Kinderklinik (Direktor: Prof. Dr. Heymut Omran) intensivmedizinisch behandelt. Dr. Wiebe erklärt das Verfahren: „Das ECMO-Gerät pumpt das Blut kontinuierlich durch einen so genannten Oxygenator. Dieser ersetzt den fehlenden Gasaustausch in der Lunge. Das Gerät entfernt Kohlendioxid aus dem Blut und reichert es mit Sauerstoff an. Nach diesem Gasaustausch wird das Blut wieder in den Patienten zurück gepumpt.“
Der Zustand der Schülerin verbesserte sich daraufhin, am 23. Juli konnte die künstliche Lunge im UKM wieder entfernt werden, Christina wurde wieder in das St. Franziskus-Hospital verlegt. Dort wurde sie in den vergangenen Tagen weiter erfolgreich behandelt und machte enorme Fortschritte. Dr. Ulrich Flotmann, Chefarzt der Neonatologie und Kinderintensivmedizin im St. Franziskus-Hospital: „Zunächst wurde sie im St. Franziskus-Hospital aufgrund ihrer Wirbelsäulen-Verkrümmung operiert („Skoliose“). Diese Operation verlief komplikationslos, am zweiten Tag nach der Operation verschlechterte sich allerdings ihr Zustand enorm. Die Lunge versagte und wir mussten sie künstlich beatmen. So konnten wir sie vorübergehend stabilisieren. Allerdings wurde schnell klar, dass der Einsatz einer künstlichen Lunge erforderlich wurde, und zwar dringend.“
Gerade diese Zusammenarbeit hat gezeigt, wie gut die klinikübergreifende Notfallversorgung hier in Münster funktioniert.“ Dem kann Peter Navratil, Oberarzt der Allgemeinen Kinder- und Jugendheilkunde im St. Franziskus-Hospital nur zustimmen: „Durch den außergewöhnlichen Einsatz von Dr. Wiebe konnten wir unsere Behandlung bei Christina jetzt erfolgreich fortsetzen. Jetzt können wir sie nach Hause entlassen. Wir sind zuversichtlich, dass sie wieder ganz gesund wird.“
Das hoffen natürlich auch Christinas Eltern Martina und Helmut Harmeier: „Es war natürlich keine einfache Zeit für uns, wir haben gezittert und gehofft. Aber wir haben auch den enormen Einsatz und die enge Zusammenarbeit der Ärzte im Universitätsklinikum Münster und im St. Franziskus-Hospital erlebt. Dafür sind wir extrem dankbar.“