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Münster (ukm/dre). Mitko Belev schüttelt immer noch etwas ungläubig den Kopf, wenn er auf seinen linken Arm schaut: „Es ist für mich ein Wunder. Ja, es ist ein Wunder, dass so etwas möglich ist.“ Der Arm, auf den der blickt, wurde im August bei einem Arbeitsunfall komplett direkt im Ellenbogengelenk abgerissen. In einer acht-stündigen Notoperation nähten die Ärzte der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Münster (UKM) dem 49-Jährigen seinen abgetrennten Arm wieder an. In der vergangenen Woche konnte Mitko Belev nach mehreren Operationen die Uniklinik bereits wieder verlassen: Mit der guten Aussicht, dass er seinen linken Arm und die Hand zukünftig wieder nutzen kann.Rund sechs Wochen nach der Operation, der Fachbegriff lautet „Replantation“, sind die UKM-Mediziner mit dem bisherigen Heilungsverlauf sehr zufrieden: „Gerade in den ersten Wochen nach der Operation galt es sicherzustellen, dass die Gefäße nicht verschließen und keine Entzündung auftritt. Nun ist es das Ziel, schrittweise die Sensibilität und die Funktionen des Armes und der Hand wiederherzustellen“, erläutert Klinikdirektor Prof. Dr. Michael J. Raschke die weitere Vorgehensweise.
Oberarzt Dr. Martin Langer, Leiter der Sektion Handchirurgie und Mikrochirurgie, hat die Operation durchgeführt: „Es bestanden durch die Verletzungen erhebliche Weichteilschäden, so dass ohne Replantation der Oberarm wahrscheinlich knapp unterhalb der Schulter hätte amputiert werden müssen.“ Der Arm konnte durch den Eingriff gerettet werden, allerdings wird der Ellenbogen dauerhaft steif bleiben. Während der Operation wurden außer den Knochen auch die Hauptarterie, vier Venen und die Muskeln wieder zusammengefügt und die Bizepssehne für die Unterarmumwendung wieder an der Speiche befestigt. Auch sämtliche Nervenstränge konnten rekonstruiert werden. Insgesamt waren sechs Mediziner der Klinik an der Operation beteiligt.
Bis zu einem Jahr kann es nun dauern, bis die Nerven wieder nachgewachsen sind. Bis dahin wird Mitko Belev zahlreiche physiotherapeutische Übungen durchführen, um die Muskulatur zu stärken und das Wachstum der Nerven zu stimulieren. Neben der Aussicht, die Funktionsfähigkeit des Arms wiederzuerlangen, ist der Versuch einer Replantation noch aus anderen Gründen enorm wichtig. Handchirurgieexperte Langer: „Bei manchen Patienten kann es nach einer Oberarmamputation zu dauerhaften Wirbelsäulenbeschwerden kommen, schließlich fehlt plötzlich Körpergewicht an einer Seite. Und auch für die Psyche ist es natürlich eine andere Situation, ob ein Körperteil plötzlich fehlt und man ´unvollständig ist´ oder ob das Körperteil durch eine Replantation gerettet werden konnte.“ Das Ziel, die Funktionsfähigkeit zurückzugewinnen, sei in der Zeit nach einem Unfall oft eine wichtige Motivationsstütze.
Nach den rund sechs Wochen in der Uniklinik Münster blickt Mitko Belev nun nach vorne. Er weiß, dass jeder Tag ein kleiner Fortschritt ist: „Ich bin dankbar dafür, dass ich meinen Arm wiederhabe. Ich hatte richtig viel Glück – und einen guten Arzt.“