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Künftig von Hamburg aus aktiv Hamburg: Prof. Böcker hielt Abschiedsvorlesung

Foto von Prof. Böcker
mfm/tb
Am Rednerpult wird er auch künftig stehen, aber nicht mehr in seiner jetzigen Funktion: Nach 22-jähriger Lehrtätigkeit an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster hielt Prof. Dr. Werner Böcker am Donnerstag [16.07.] seine Abschiedsvorlesung – natürlich zu dem Thema, mit dem ihn viele Jahrgänge von Medizinstudenten in Erinnerung behalten werden: der „Allgemeinen Pathologie“. Im überfüllten großen Hörsaal „seiner“ Einrichtung, dem Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie, dessen Leitung er Ende Juli abgeben wird, saßen daher nicht nur Medizinstudenten und Weggefährten des Mediziners: Studiendekan Dr. Bernhard Marschall erinnerte an die Verdienste Böckers, mit dessen Emeritierung die Fakultät einen ihrer profiliertesten Vertreter verliere.
In der Amtszeit des Hochschullehrers hätten insgesamt mehr als 6.000 Medizinstudenten die Vorlesungen und Kurse der Allgemeinen und Speziellen Pathologie besucht, rechnete Marschall in seiner Laudatio vor. Die Beliebtheit des Professors bei den Studenten zeige sich darin, dass er von diesen mehrfach zum „Lehrer des Jahres“ gewählt wurde. Und nicht nur darin: Böcker sei Mitherausgeber des Lehrbuches Pathologie, das derzeit bereits in der vierten Auflage vorliege und sich zu einem Standardwerk für die Medizinerausbildung entwickelt habe: Der “Böcker”, wie die Publikation in Kurzform bei den Studenten heiße, stelle im deutschsprachigen Bereich das meistverkaufte und führende Lehrbuch dar. Auch eine weitere Veröffentlichung, das wegen seinen nur 563 Seiten – in diesem Bereich ist das wenig – beliebte “Repetitorium Pathologie” sei bereits in zweiter Auflage erschienen.
Inhalt der Abschiedsvorlesung war die Entwicklung der Medizin in den letzten Jahrzehnten am Beispiel des Brustdrüsenkrebses. Prof. Böcker machte deutlich, dass die zellbiologischen Erkenntnisse zur Entstehung solcher Tumoren, die Fortschritte in der Radiologie einschließlich des Screenings sowie die in der Brustkrebschirurgie zu einer erheblichen Verbesserung von Diagnostik und Therapie geführt haben. Voraussetzungen dafür seien gerade auch in Münster die Schwerpunktbildung in den Fächern Radiologie, Brustkrebschirurgie, Pathologie und Strahlentherapie sowie fächerübergreifende Kooperationen, „ohne die eine moderne Mammamedizin heute nicht mehr denkbar ist“.
In Anlehnung an eigene Erfahrungen ermunterte Böcker seine Studenten, ihre Fachdisziplin aktiv mitzugestalten, denn, so der scheidende Hochschullehrer: „Die gelebte und praktizierte Medizin ist nichts anderes als der Ausdruck des eigenen Handelns.“ Seinen Zuhörern dankte er ausdrücklich für ihre Geduld, sich den manchmal sehr komplexen und theorielastigen Stoff gerade der Allgemeinen Pathologie erklären zu lassen. „Allerdings ist ohne Theorie eben keine Praxis möglich, wie übrigens auch das Umgekehrte gilt“.

Zur Person:
Prof. Dr. Werner Böcker, geboren am 13.04.1944 in Everswinkel, folgte 1987 dem Ruf der Medizinischen Fakultät auf den Lehrstuhl Allgemeine und Spezielle Pathologie. Seine Ausbildung hatte er im Institut für Pathologie der Universität Hamburg absolviert. In dieser Zeit beschäftigte sich Böcker vorrangig mit der Entwicklung von Schilddrüsentumoren. Für seine Forschungsergebnisse erhielt er 1977 den Preis der Dr.-Martini-Stiftung, ein Jahr später den Georg-Ernst-Konjetzny-Preis und 1982/83 den angesehenen Johann-Georg-Zimmermann-Preis für Krebsforschung. Nach einem dreijährigen Intermezzo als Chefarzt im Allgemeinen Krankenhaus Altona in Hamburg wechselte Böcker dann nach Münster, wo er zusammen mit der Professur auch die Leitung des Gerhard-Domagk-Instituts für Pathologie übernahm.
Die diagnostischen und wissenschaftlichen Ausrichtungen dieses Instituts waren und sind eng mit den Schwerpunkten an den Kliniken des Universitätsklinikums Münster verknüpft. Böckers eigener Fokus lag dabei - und liegt bis heute - auf der Brustdrüsenpathologie. Aufgrund der in seiner Arbeitsgruppe entwickelten Forschungsergebnisse gilt er als einer der national und international führenden Mammapathologen. So gehört der Hochschullehrer seit 1990 als Gründungsmitglied und einziger deutscher Pathologe der “E.C. Working Group on Breast Cancer Screening Pathology” an. Diese Arbeitsgruppe hat die international gültigen Leitlinien für Pathologen erarbeitet, die speziell im Screening – also medizinischen Reihenuntersuchungen – tätig sind.
Böcker trug entscheidend zur Etablierung des Mammographie-Screenings in Deutschland bei. Sein Institut übernimmt die Zweitbeurteilung aller in Nordrhein-Westfalen durchgeführten minimal invasiven Biopsien im Screening. Darüber hinaus leitet Böcker das Mammapathologie-Referenzzentrum, dem aus ganz Deutschland schwierige Fälle zur Beurteilung zugesandt werden. Mit dem 2006 von ihm herausgegebenen Bestseller “Preneoplasia of the Breast” konnte er seinen weltweiten Ruf als Forscher bestätigen. In diesem Buch wird das in Münster konzipierte Stammzellkonzept der Brustdrüse und seine Bedeutung für die Entstehung von Mammatumoren dargestellt.
Neben Mitgliedschaften in zahlreichen nationalen und internationalen Gesellschaften war Böcker von 2003 bis 2006 als Vertreter der Bundesregierung Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der “International Agency for Research on Cancer”, einer Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Vereinten Nationen. Als Emeritus wird er nun nach Hamburg zurückkehren, seine wissenschaftliche Arbeit in Kooperation mit der Universität Münster aber von dort aus fortführen.
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