Dass die 26. Schwangerschaftswoche für einen Start ins Leben viel zu früh ist, warallen Beteiligten sehr bewusst. Dementsprechend groß war die Sorge, als sich die Ärzte der UKM-Geburtshilfe zwei Wochen, nachdem Christina Lütkemeyer mit einer Plazenta-Insuffizienz ins UKM kam, schließlich zu einem Kaiserschnitt entschieden. „Die Gefahr einer für das Kind lebensbedrohlichen Unterversorgung war einfach zu groß“, sagt Dr. Mareike Möllers, Leitende Oberärztin des Bereichs Geburtshilfe und Pränatalmedizin am UKM (Universitätsklinikum Münster). „Zunächst lief alles erstaunlich gut, Jonas hat nach der Geburt sogar geschrien, was ein gutes Zeichen ist“, erinnert sich Christina Lütkemeyer. „Von der körperlichen Entwicklung her gesehen war er natürlich weit zurück. Wegen seines geringen Geburtsgewichts von nur 470 Gramm, haben ihn die Neonatologen und Kinderintensivmediziner rund um die Uhr engmaschig betreut. Wir waren sehr froh, dass wir uns für das UKM entschieden haben, denn wir wollten natürlich das Beste für unseren Sohn.“
Obwohl sich Jonas über die Wochen langsam weiterentwickelte, verschlechterte sich der Zustand des Frühchens phasenweise auch und es kam immer wieder zu Rückschlägen. So wurden im August – sechs Wochen nach seiner Geburt – bei dem Baby eine schwere Entzündung des Darms und sogar einen Darmverschluss diagnostiziert: Die Kinderchirurgen am UKM wurden eingeschaltet und mussten sofort operieren. „Jonas‘ Leben stand mehrfach auf der Kippe“, sagt seine Mutter. „Doch die Ärzte waren immer ansprechbar, alle Fachrichtungen von der Neonatologie, über die Kinderchirurgie bis zu den Kinderneurologen. Aber auch die Pflege hatte immer ein offenes Ohr für unsere Sorgen und hat versucht, uns unsere Ängste zu nehmen.“
„Das ist der Vorteil eines großen Perinatalzentrums Level 1, wie wir es sind“, betont Univ.-Prof. Heymut Omran, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. Dass die Zusammenarbeit zwischen Geburtshilfe und Kinderklinik Hand in Hand geht, ist dabei Voraussetzung. Besonders sei vor allem das breite medizinische Spektrum und die herausragende interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärzten, Pflegenden und Therapeuten in so einem Zentrum. „Dadurch, dass wir alle Disziplinen unter einem Dach haben, sichern wir in Fällen, wie dem von Jonas, das Überleben. Und auch die weiteren Lebenschancen direkt daran geknüpft, dass alle Spezialisten täglich auf das Kind schauen“, so Dr. Julia Sandkötter, Oberärztin der Neonatologie und pädiatrischen Intensivmedizin. Sie hat Jonas und seine Familie gut in Erinnerung. „Wenn ein Kind insgesamt 23 Wochen bei uns ist, dann baut man ein sehr persönliches Verhältnis zur Familie auf“, sagt sie. „Und auch nach seiner Entlassung war Jonas alle drei Monate bei uns, damit wir seine weitere Entwicklung im Blick haben konnten."
Jonas ist inzwischen fünf und hat eine kleinere Schwester bekommen. Er geht in den Kindergarten, in eine Regelgruppe mit 21 Kindern. „Noch ist er kleiner und zarter als die anderen“, weiß seine Mutter. „Deswegen würden wir ihn gerne auch noch ein Jahr länger in der Kita lassen, damit er noch ein wenig aufholt“. Ein „Muss“ sei das aber nicht: Bei der Schuluntersuchung habe sich gezeigt, dass er kognitiv seinen Spielkameraden in nichts nachsteht. Lediglich in der Feinmotorik gibt es Nachholbedarf. „Das holt Jonas aber sicher bald auf“, schmunzelt seine Mutter. „Dass er ein Kämpfer ist, war uns vom ersten Tag an klar.“
Info: Für jedes kleine Frühchen einen Ballon: Am Weltfrühchentag am kommenden Mittwoch, 17. November, werden die Vereine Das frühgeborene Kind und Bunter Kreis Münsterland gemeinsam mit Mitarbeitenden der Neonatologie des UKM mit einem Stand auf der Ludgeristraße, kurz vor dem Marienplatz, von 14:30 bis 18:00 Uhr auf das Thema aufmerksam machen und für Interessierte ansprechbar sein. Erkennbar ist das Team an 55 mit Helium gefüllten lila Luftballons, die stellvertretend für jedes Frühchen unter 1500 Gramm (in diesem Jahr 55 der insgesamt 144 Frühchen im UKM) stehen.