Zwischen Himmel und Hölle – so muss es sich anfühlen, wenn am gleichen Tag eine Schwangerschaft und eine mögliche Krebserkrankung festgestellt werden. „Es war das heftigste, was ich gefühlsmäßig je erlebt habe“, erinnert sich Laura Recker noch genau an den Tag im Herbst 2017, als sie voller Vorfreude und Hoffnung auf eine zweite Schwangerschaft einen Termin bei ihrem Gynäkologen wahrnahm. Die Schwangerschaft wurde bestätigt, doch sie erhielt auch die Nachricht, dass ihr letzter Routine-Abstrich auf Gebärmutterhalskrebs auffällig war. „Mir wurde erst einmal gesagt, dass ich mir keine Sorge machen muss, nicht selten falle ein zweiter Kontrollabstrich negativ aus oder wenn, dauert es Jahre, bis sich eine wirkliche Krebserkrankung entwickelt“, sagt die heute 36-Jährige. Tatsächlich ist die Entartung des Gewebes zumeist ein Prozess, der sich über Jahre hinzieht und über zumeist virusassoziierte (HPV) Krebsvorstufen verläuft. An diesem sogenannten In-Situ-Karzinom, der Vorstufe von Gebärmutterhalskrebs, erkranken laut Deutscher Krebsgesellschaft Frauen im Durchschnitt mit 34 Jahren, am invasiven Gebärmutterhalskrebs mit 55 Jahren.
Doch Laura Recker hat eine etwas seltene Form von Krebs, wie sich nach einer ersten Untersuchung und einer anschließenden Biopsie im Gynäkologischen Krebszentrum am UKM (Universitätsklinikum Münster) herausstellte, an das sie aufgrund der besonderen Situation mit der Schwangerschaft überwiesen wurde. „Oftmals kann man die Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs selbst während einer Schwangerschaft kontrollieren und beobachten und bis zur Entbindung mit einem Eingriff warten“, erklärt Prof. Dr. Ralph Lellé, Leiter der Dysplasie-Sprechstunde am UKM. Aufgrund der Krebsform und der frühen Schwangerschaft entschieden die Mediziner bei Laura Recker jedoch, unmittelbar ein Stück vom äußeren Gebärmutterhals zu entfernen; in der 16. Schwangerschaftswoche erfolgte die Operation. „Ich wurde sehr intensiv aufgeklärt, da das Risiko für eine Frühgeburt groß war“, erzählt die Polizistin aus Gütersloh. Für sie spielte in dieser Situation nicht nur die Schwangerschaft eine Rolle, sondern zusätzlich die Tatsache, dass sie bereits eine Tochter hat. „Da gehen einem bei einer Krebsdiagnose viele Dinge durch den Kopf, denn man möchte natürlich sein Kind aufwachsen sehen und für seine Familie da sein.“ Erfreulicherweise saß der Krebs bei Laura Recker an keiner anderen Stelle, die weitere Schwangerschaft verlief problemlos, termingerecht kam im Sommer 2018 ihr Sohn zur Welt. „Wenn wir heute dieses lustige, fröhliche Kerlchen sehen, ist die Geschichte für uns unglaublich!“
Außer Frage steht für sie, dass ihre Kinder im empfohlenen Alter von neun bis 14 Jahren (spätestens jedoch bis zum 18. Geburtstag) eine Impfung gegen krebserregende humane Papillomviren (HPV) erhalten, mit der seit einigen Jahren die Möglichkeit besteht, Gebärmutterhalskrebs effektiv vorzubeugen. Während seit 2007 bereits die Empfehlung besteht, junge Mädchen zwei bis drei Mal zu impfen, wurde im Jahr 2018 diese auch auf Jungen ausgeweitet. „In unserem Bekanntenkreis sind aufgrund meiner Geschichte nun alle Eltern für die Impfung sensibilisiert, unabhängig davon, ob sie Mädchen oder Jungen haben“, erzählt Laura Recker. Denn Jungen können nicht nur Überträger der Viren sein, eine HPV-Infektion kann auch Krebserkrankungen wie Analkrebs und Tumoren im Kopf-Halsbereich verursachen. „Uns allen sollte deshalb bewusst sein, dass wir eine bisher einmalige Möglichkeit in der Krebsmedizin haben“, betont Prof. Dr. Ralph Lellé. „Wir haben mit dieser Impfung eine realistische Chance, dass wir diese Krebsart nahezu ausrotten können – und das nicht erst in 100 Jahren, sondern in reicheren Industrienationen wie Deutschland bereits in 15 bis 20 Jahren.“