Jährlich erkranken über 50.000 Menschen deutschlandweit an Lungenkrebs. „Häufig treten Symptome wie anhaltender Husten, Atemnot und Fieberschübe aber erst spät auf“, sagt Prof. Annalen Bleckmann, Direktorin des WTZ (Westdeutsches Tumorzentrum) Münster und Leiterin der Thorakalen Onkologie am UKM (Universitätsklinikum Münster). Daher werde die Krankheit oft erst spät erkannt und sei dann häufig nicht mehr heilbar. „Für größtmögliche Heilungschancen sind der frühzeitige Austausch und die enge Zusammenarbeit aller beteiligten Mediziner gerade bei dieser aggressiven Krebsform entscheidend“, betont auch Bleckmanns Kollege Prof. Georg Lenz, Direktor der dortigen Medizinischen Klinik A. Gemeinsam haben die beiden Mediziner sich deswegen für die Gründung des neuen Kooperativen Lungenkrebszentrums Münster des UKM und des St. Franziskus-Hospitals (SFH) stark gemacht.
„Die Zentrumsbildung ist sinnvoll und mehr als ein ,Label‘ “, erklärt Dr. Anne Bremer, leitende Ärztin des Departments für Hämatologie und internistische Onkologie am SFH. „Unsere Patienten erhalten so unter anderem direkten Zugang zu den Strukturen des UKM wie zum Beispiel der Thoraxchirurgie.“ In der wöchentlichen virtuellen Tumorkonferenz gebe es zudem die Möglichkeit, sich bei Patienten mit komplizierten Krankheitsverläufen fachübergreifend über Untersuchungsergebnisse, Risikofaktoren und Therapiemöglichkeiten auszutauschen.
Einer dieser Patienten ist Wilfried Greif. Der 76-Jährige aus Telgte ließ sich von Dr. Arne Wichmann und seinen Kollegen vom Department für Pneumologie am SFH untersuchen, weil er Atemnot hatte. Nach der Diagnose Lungenkrebs sprach zunächst alles gegen eine Operation. Greif hatte mehrere Vorerkrankungen und die Lage und Ausbreitung des Tumors hatte die Lungenfunktion bereits derart verschlechtert, dass ein großer chirurgischer Eingriff ein zu hohes Risiko darstellte. „Ich bin im Franziskus sprichwörtlich auf Herz und Nieren geprüft worden“, erzählt der Rentner. „Hier habe ich dann auch von der Zusammenarbeit mit dem UKM erfahren.“ Dr. Wichmann diskutierte die verschiedenen Optionen in der virtuellen Tumorkonferenz mit dem dortigen Pneumologen Dr. Michael Mohr und dem Thoraxchirurgen Dr. Karsten Wiebe. Während einer Lungenspiegelung konnte Mohr zunächst so viel vom Tumor entfernen, dass die Lungenfunktion sich deutlich verbesserte. Bei dem dann anschließenden chirurgischen Eingriff entschied Wiebe sich für ein ebenfalls schonendes OP-Verfahren, die sogenannte Manschettenresektion, bei der möglichst viel gesundes Gewebe erhalten bleibt. Der Tumor konnte so vollständig entfernt werden. Heute, rund zwei Monate nach der Operation, fühlt Wilfried Greif sich wieder gut und hat keine Atemprobleme mehr.
„Wir haben heute viel mehr Behandlungsmöglichkeiten als noch vor einigen Jahren“, betont Dr. Mohr. „Dank der Zusammenarbeit im Lungenkrebszentrum können wir die Kompetenzen der Spezialisten beider Häuser bündeln und unseren Patienten individuelle Lösungen anbieten.“