Klinik für Kinder- und Jugendmedizin - Pädiatrische Hämatologie und Onkologie

Zelluläre Tumorimmuntherapie

Ziel der Entwicklung von Immuntherapien gegen Krebs ist die gezielte Abstoßung bösartiger Zellen durch das Abwehrsystem des Patienten. Dies erfordert eine gezielte Beeinflussung des Abwehrsystems, das im Normalfall zwar erfolgreich Infektionen bekämpft, jedoch nicht oder nur unzureichend Krebszellen erkennt und vernichtet. Inhalt aktueller Forschungsprojekte der Arbeitsgruppe ist daher die Entwicklung hochwirksamer, spezialisierter Immunzellen, die Leukämie- und Tumorzellen erkennen und gezielt abtöten. So können T-Zellen des Patienten oder eines gesunden Spenders durch genetische Veränderung mit Rezeptoren ausgestattet werden, die eine Erkennung von Tumorzellen über Oberflächenmerkmale ermöglichen (Abb. 1). Diese Rezeptoren werden CARs genannt, „chimeric antigen receptors“. Die Resistenz von Tumoren gegenüber der Erkennung durch zytotoxische T-Zellen wird auf diese Weise primär umgangen.  Die Arbeit unserer Gruppe konzentriert sich darauf, effektive Therapieverfahren mit CAR-modifizierten Abwehrzellen zu entwickeln und in klinische Anwendungen zu übersetzen.

Abb. 1: Links: Prinzip der CAR T-Zell-Therapie. T-Zellen werden durch Gentransfer mit CARs ausgestattet, über die sie Oberflächenantigene auf der Tumorzelle als fremd erkennen und die Zelle gezielt vernichten. Rechts: Ablauf der CAR T-Zell-Therapie. Aus Lymphozyten der Patientin/des Patienten werden in einem Herstellungsverfahren CAR T-Zellen generiert und nach einer vorbereitenden Chemotherapie über die Vene verabreicht. Image created with Biorender under academic license.

Zelluläre Immuntherapie von Leukämien und Lymphomem mit „CAR T-Zellen"

Bei lymphoblastischen Leukämien (B-Vorläufer-ALL) zeigt diese innovative Zelltherapie bereits eindrucksvolle Erfolge. B-Vorläufer-Leukämien und B-Zell-Lymphome im Kindesalter sind aufgrund ihrer Abstammung von unreifen B-Zellen durch eine hohe Expression von CD19 gekennzeichnet. Da CD19 auf normalen Stammzellen der Blutbildung nicht vorkommt, erkennen CD19-spezifische CAR T-Zellen gezielt die Leukämiezellen. Das Ziel aktueller Weiterentwicklungen ist die Überwindung von Resistenz gegen CAR T-Zellen, entweder durch Verlust des Erkennungsmerkmals oder durch Erschöpfung der CAR T-Zellen.

Gegenüber klassischen Arzneistoffen erfolgt die Herstellung dieser innovativen Zellprodukte individuell für jeden Patienten aus eigenen Blutzellen unter sehr hohen, für die Patientensicherheit notwendigen, Qualitätsstandards. Die Produktion von CAR T-Zellen im Maßstab klinischer Studien ist daher eine erhebliche Herausforderung. Mit Unterstützung durch den Verein Kinderkrebshilfe Münster e.V. und Freundeskreis KMT e.V. und in enger Kooperation mit dem Institut für Transfusionsmedizin und Zelltherapie steht uns eine neue Technologie zur Verfügung, die eine systematische Überführung dieser innovativen Zelltherapien in die Anwendung und klinische Prüfung und Weiterentwicklung am UKM ermöglicht.

Zelluläre Immuntherapie solider Tumoren des Kindesalters

Die Heilungsraten fortgeschrittener solider Tumoren des Kindesalters, wie Neuroblastome, Rhabdomyosarkome und Ewing-Sarkome, konnten trotz Intensivierung klassischer Therapien in den vergangenen Jahren nicht ausreichend verbessert werden. Immunologische Verfahren stellen alternative Ansätze dar, Kontrolle über diese Erkrankungen zu erreichen. Bisher konnten für solide Tumoren nur wenige geeignete Zielstrukturen identifiziert werden. Eine Ausnahme gilt für das Neuroblastom dar, das aufgrund seines Ursprungs von unreifem Nervengewebe durch eine hohe Expression des Oberflächenmerkmals GD2 gekennzeichnet ist. GD2-spezifische CARs zeigen in aktuellen Studien erstmals beeindruckende Wirkung. Heilerfolge wie bei Leukämien konnten bisher jedoch noch nicht erreicht werden. Zur Zeit arbeiten wir an einer Wirkungsverstärkung der Strategie und an einer Ausweitung auch auf weitere solide Tumorerkrankungen, insbesondere Sarkome. Dazu dienen folgende Projekte:

  • Benötigt werden Antigene, die selektiv auf der Zelloberfläche der Tumorzellen exprimiert sind. Wir untersuchen verschiedene Kandidatenantigene bei Ewing-Sarkomen, Rhabomyosarkomen und Osteosarkomen als mögliche Zielstrukturen neuer CARs. Gleichzeitig untersuchen wir Möglichkeiten, diese Antigene auf den Tumorzellen gezielt hochzuregulieren, um zu verhindern, dass sich Tumorzellen mit nur geringer Oberflächendichte des Merkmals der Erkennung entziehen können.
  • Haupthindernis für die mangelnde Wirksamkeit von CAR T-Zellen gegen solide Tumoren sind Mechanismen in der Tumormikroumgebung, die die Tumorzellen gegen Immunzellen beschützen. Mit dem Ziel, effektivere CAR T-Zellen zu entwickeln, untersuchen wir Mechanismen, mit denen Neuroblastome und Sarkome der Erkennung durch das Immunsystem entgehen. Durch Kombination mit Substanzen, die die Krebszellen daran hindern, T-Zellen wirksam in ihrer Funktion zu behindern, könnte die Wirksamkeit von T-Zell-Therapien auch bei soliden Tumoren deutlich erhöht werden. In unseren Projekten stellen wir CAR T-Zellen her, die verschiedene dieser Wirkstoffe nach Kontakt mit den Tumorzellen selbst herstellen und in die Tumormikroumgebung abgeben. Für einen ersten Kandidaten, ein GD2-spezifisches CAR T-Zell-Produkt mit Wirkungsverstärkung durch das Zytokin IL-18, bereiten wir in einem BMBF-geförderten Forschungsverbund aktuell eine klinische Studie vor (EU CT 2022-501725-21-00).
 
 
 
 
Ansprechpartnerin

Prof. Dr. med. Claudia Rössig

Hier finden Sie eine Übersicht der Mitglieder der Arbeitsgruppe.