Aufgabe der Psychoonkologie ist es hier zunächst, zu verdeutlichen, dass Orientierungslosigkeit, Ambivalenzen und Ängste „normale“ Reaktionen in einer Krise sind. Das Erleben von Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit ist nicht das Gegenteil von Bewältigung, sondern ein wesentlicher Bestandteil derselben. Ängste gehören zum (Über-) Leben, die „Fähigkeit zur Angst“ motiviert den Menschen zur Veränderung. Die Verleugnung oder Verdrängung von Themen und Problematiken, die der Einzelne derzeit nicht bewältigen kann, hat zunächst eine strukturierende und schützende Funktion.
In der angewandten Psychoonkologie geht es also nicht darum, bestimmte Symptome bei einer Patientin wegzutherapieren. Es geht auch nicht darum, dieser Patientin bestimmte Problemlösungsstrategien beizubringen. Vielmehr gilt es in der psychoonkologischen Beratung, Hilfestellung und Unterstützung zur Orientierung in dieser Krisenzeit anzubieten und gemeinsam mit der jeweiligen Patientin zu besprechen, welche Themen ihrer Krankheit oder ihres Lebens sie wann ansprechen möchte und wie sie die derzeitige Situation so strukturieren kann, dass sie handlungsfähig bleibt.
Wann eine Patientin sich mit ihrer Erkrankung auseinandersetzt und in welchem Umfang sie dieses tut, hängt von ihrer Persönlichkeit und ihrem Lebenshintergrund ab; ebenso welche Strategien zur Krankheitsbewältigung sie in ihrem Leben als sinnvoll erachtet. Entscheidend ist, dass die jeweilige Patientin mit ihrer individuellen Art der Krankheitsbewältigung so gut wie möglich leben kann.