Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Gehäkelte Tintenfische für Frühgeborene: Kleine Helfer mit großer Wirkung

Foto I (UKM): Silvia Wolf (l.) und Ingrid Feismann von der neonatologischen Station am UKM – hier mit der kleinen Emma – kümmern sich darum, dass jedes frühgeborene Kind auf der Station einen selbstgehäkelten Tintenfisch bekommt.
Foto II (UKM): Treuer Unterstützer beim Großwerden: Frühchen Emma umklammert mit ihrer winzigen Hand die gekringelten Tentakel ihres weiß-lila Tintenfisches.
Es gibt sie in Rot, Lila oder Gelb, mit Schleife oder Hut: Fast 1600 frühgeborene Kinder am UKM haben seit Übernahme der Idee aus Dänemark in ihrer ersten Lebenswoche einen selbstgehäkelten Tintenfisch aus Wolle bekommen. Und das aus gutem Grund: Liegt ein Kuscheltier in greifbarer Nähe, hält das Frühgeborene an den Tentakeln fest. So wird unter anderem vermieden, dass sie an Schläuchen oder Zugängen ziehen. Mittlerweile sind die kleinen Häkeltiere auch bei den Eltern und Mitarbeitenden der neonatologischen Station am UKM nicht mehr wegzudenken.
ukm/ik


Legt Andrea Holtmann einen Finger in die Hand ihrer Tochter, wird dieser sofort fest von den winzigen Fingern umklammert. Emma Lotta ist in der 25. Schwangerschaftswoche mit nur 650 Gramm auf die Welt gekommen und hat wie alle frühgeborenen Kinder einen sehr starken Greifreflex. „Häufig halten sich die Frühgeborenen an den Schläuchen oder Kabeln wie beispielsweise der Magensonde fest, die wir für ihre Überwachung und Therapie brauchen“, erklärt Silvia Wolf, Fachgesundheits- und Kinderkrankenpflegerin der neonatologischen Intensivstation am UKM (Universitätsklinikum Münster). Um das zu verhindern, kommen auf der Station für frühgeborene, aber auch kranke neugeborene Kinder am UKM bereits seit 2014 selbstgehäkelte Tintenfische zum Einsatz – mittlerweile sind es ca. 300 Kraken pro Jahr. „Die Tentakel erinnern Frühchen an die vertraute Nabelschnur der Mutter. Das vermittelt ihnen das Gefühl von Sicherheit und gibt ihnen etwas von der Geborgenheit im Mutterleib zurück“, so Wolf.

Dass die kleinen Häkeltiere ins Uniklinikum gelangen, ist auch Wolf zu verdanken: „Aufmerksam bin ich auf die Idee durch die Zusammenarbeit mit einer ehemaligen Ärztin geworden“, erinnert sie sich. Seitdem koordiniert Wolf das Projekt am UKM und hat es zu ihrer Herzensangelegenheit gemacht. „Mittlerweile sind Tintenfische ein fester Bestandteil der Versorgung von Frühchen bei uns am UKM“, so die Pflegende. Ursprünglich stammt die Idee aus Dänemark. Das UKM war eines der ersten Krankenhäuser in Deutschland, das an der Aktion teilgenommen hat.

Jeder der rund 20 Zentimeter großen Tintenfische aus Wolle ist ein Unikat und wird von häkelbegeisterten Ehrenamtlichen fertiggestellt. Große Unterstützung erhält das UKM dabei vom Verein „Oktopus für Frühchen Deutschland“. „Bei der Herstellung werden bestimmte Vorgaben beachtet, damit die Kuscheltiere auch sicher für die Frühgeborenen sind“, erklärt Ingrid Feismann, stellvertretende Stationsleitung der neonatologischen Intensivstation am UKM. So muss beispielsweise neben der richtigen Wolle auch die Füllung der Tintenfische bei 60 Grad waschbar sein, damit sie hygienisch unbedenklich sind. Und vor dem Einsatz wird jeder Tintenfisch nochmals sorgfältig überprüft.

Andrea Holtmann ist für die kuscheligen Unterstützer sehr dankbar: „Es ist unglaublich, dass etwas so Einfaches ein Kind trösten und ihm helfen kann, sich wohler zu fühlen.“ Ihre Tochter Emma Lotta ist mittlerweile drei Monate alt, 2.400 Gramm schwer und 44 Zentimeter groß. Was jedoch unverändert geblieben ist, ist ihr achtarmiger, weiß-lila Tintenfisch, der sie bereits seit der ersten Lebenswoche zum Großwerden begleitet.

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