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Pressemeldungen Archiv 2012

Ein Jahr nach EHEC: „Die Forschung muss weitergehen“

Prof. Helge Karch und sein Team wollen künftige Ausbrüche verhindern / Experten müssen weltweit vernetzt werden
ukm/mfm
Der EHEC-Erreger hält die Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät Münster (MFM) am Institut für Hygiene des Universitätsklinikums Münster (UKM) nach wie vor in Atem: Auch ein Jahr nach der EHEC Epidemie im Mai/Juni 2011 erhält das Institut fast täglich Einsendungen mit Stuhlproben von Patienten mit schweren Durchfallerkrankungen oder hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS). Die gute Nachricht ist, dass EHEC O104:H4 in 2012 in den eingesandten Stuhlproben bisher nicht mehr nachweisbar war. Die schlechte Nachricht ist, dass andere EHEC-Typen gefunden wurden. „Dass es in nächster Zeit wieder zu einem derartig großen Ausbruch wie im vergangenen Jahr kommen wird, glaube ich nicht“, sagt Prof. Dr. Dr. h. c. Helge Karch, Direktor des Instituts für Hygiene in Münster. „Doch jedes Jahr erkranken rund 1000 Menschen deutschlandweit an einer EHEC-Infektion mit zum Teil sehr schweren Verläufen. Die Epidemie im vergangenen Jahr hat uns dramatisch vor Augen geführt, wie aggressiv und gefährlich EHEC für den Menschen sein kann. Deshalb ist es wichtig, das Bakterium weiter zu erforschen, um die Anzahl von Neuerkrankungen zu verringern. Die Forschung muss daher weitergehen und intensiviert werden, insbesondere um künftige Ausbrüche zu verhindern“, betont Karch. Ein Schlüssel zum Erfolg liegt für ihn zukünftig in der EU-weiten Vernetzung mit anderen Wissenschaftlern und der Einbeziehung neuester Technologien, wie z. B. die bildgebende Massenspektrometrie und das so genannte Next Generation Sequencing, die an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster unlängst etabliert wurden. „Wir müssen unser Wissen bündeln und interdisziplinär agieren, denn bis heute sind wichtige unbeantwortete Fragen zur wirksamen Prophylaxe und kausalen Therapie zu lösen “, sagt Prof. Dr. Wilhelm Schmitz, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Münster. Karch und sein Team haben zahlreiche viel beachtete wissenschaftliche Veröffentlichungen zur EHEC-Thematik herausgebracht und zahllose Vorträge über EHEC gehalten. „Für uns hört die Arbeit an dieser Stelle jedoch auf keinen Fall auf. Unser Team arbeitet an Fragestellungen, welche molekularen Mechanismen der Pathogenität bei der Bakterium-Wirt-Interaktion zugrunde liegen. Es ist nach wie vor unklar, wie es zur Schädigung des Darmes kommt, welche Rolle die Andockmoleküle der Gefäßwandzellen für die bakteriellen Giftstoffe, beispielsweise der Shiga Toxine, spielen und ob Antibiotika die Pathogenität von EHEC beeinflussen. Es ist sogar immer noch ungeklärt, wo der Ausbruchsstamm wirklich herkommt“, so Karch. Bearbeitet werden diese Fragestellungen in dem neuen EU-Projekt ANTIGONE („ANTIcipating the Global Onset of Novel Epidemics“ - Früherkennung und Verhinderung globaler Ausbrüche von neuartigen Epidemien) sowie in mehreren vom BMBF und der DFG geförderten Forschungsprojekten. Die Bekämpfung dieser extrem pathogenen Erreger erfolgt im Rahmen von interdisziplinären Netzwerken, die verschiedene Disziplinen, insbesondere die Humanmedizin, Veterinärmedizin und Lebensmittelmikrobiologie, einschließen. So wollen die Wissenschaftler gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern u. a. die Reservoire hochpathogener EHEC-Erregertypen aufspüren.
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Hintergrund
Prof. Helge Karch gilt weltweit als der erfahrenste EHEC-Forscher und hat in der Vergangenheit zahlreiche EHEC-Typen als Krankheitserreger des Menschen identifiziert bzw. als Erster beschrieben, was in mehr als 300 Veröffentlichungen zu EHEC beeindruckend dokumentiert ist. Seit 2003 leitet er das am Institut für Hygiene angesiedelte Nationale Konsiliarlabor für HUS des Robert Koch-Institutes. Das Fundament seiner Forschung ist eine an seinem Institut etablierte, weltweit einmalige EHEC-Sammlung mit mehr als 2000 Isolaten. Diese Bakterienbibliothek enthält auch die HUSEC-Kollektion, die 42 EHEC-Stämme umfasst, die seit 1996 in Deutschland bei Patienten mit HUS aufgetreten sind. „Diese Referenzsammlung ermöglichte es uns, den Ausbruchsstamm 2011 so schnell zu identifizieren“, erklärt Prof. Karch. Bereits zwei Tage nachdem die erste Stuhlprobe in Münster vorlag, entdeckten die Wissenschaftler am Institut für Hygiene, dass es sich bei dem aktuellen Ausbruchsstamm um eine Variante des bis dahin sehr seltenen, aber in Münster bereits 2001 isolierten Stamm HUSEC041 (O104:H4, ST 678), handelte. Anschließend entwickelte das Team in Münster einen spezifischen Schnelltest und ermittelte die Genomsequenzen der 2001- und 2011-Isolate.


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