Kinder- und Neugeborenenchirurgie

Morbus Hirschsprung


Der Morbus Hirschsprung ist durch einen fehlerhaften Aufbau des Nervensystems des Darmes charakterisiert. Es fehlen die sogenannten Ganglienzellen innerhalb der Darmwand, deren Aufgabe es im Wesentlichen ist, für eine geordnete Peristaltik und Entleerung des Darmes zu sorgen. Speziell die Stuhlentleerung, angefangen vom sensorischen Stuhlreiz bis zur motorischen Entleerung, ist ein hochkomplexer Prozess, der ohne diese Ganglienzelle nicht funktionieren kann.
Entstehung
Die Entstehung, deren eigentliche Ursache noch unbekannt ist, liegt früh in der Embryonalentwicklung. Etwas in der 6. Schwangerschaftswoche beginnt das Einsprossen der Ganglienzellen im Rahmen der Entwicklung des eigenen (=autonomen) Nervensystems des Darmes. Dieses Einsprossen verläuft kontinuierlich vom oberen zum unteren Gastrointestinaltrakt, so dass, meist in der 12. Schwangerschaftswoche, die Ganglienzellen den Enddarm erreicht haben. Beim Morbus Hirschsprung stoppt dieses Einsprossen im Verlauf, so dass der Enddarm nicht erreicht wird und der Darm, von der Stelle des Stopps bis zum Anus, keine Ganglienzellen erhält. Auch die Schließmuskulatur, der sog. Sphinkterkomplex, verfügt nicht über Ganglienzellen. Das führt vor dem betroffenen, aganglionären Abschnitt, der nur wenige cm lang sein kann, zu einem Stuhlstau und in der Folge zu einer (sekundären) Erweiterung.
Häufigkeit
Die Krankheit kommt mit einer Häufigkeit von ca. 1:5000 Geburten vor, Knaben sind dabei häufiger betroffen, als Mädchen (Verhältnis M:W etwa 4:1). Das Auftreten ist überwiegend sporadisch, in ca. 10% aller Fälle bestehen eine familiäre Häufung und dann meist auch relevante Begleitfehlbildungen (z.B. Trisomie 21, Herzfehler, …).
Krankheitsverlauf
Die Klinik beim M. Hirschsprung kann so unterschiedlich sein, dass dieser mitunter erst nach einigen Monaten, manchmal sogar Jahren, diagnostiziert werden kann. Es wird hier der frühe, rasche Beginn noch in der Neugeborenenphase vom dem späteren, langsamen Beginn unterschieden. Beim frühen Beginn ist ein erstes Zeichen bereits das verspätete Absetzen von Mekonium, sowie eine allgemeine Gedeihstörung der Kinder. Stuhl wird meist nur in Zusammenhang mit analer Stimulation (Einlauf, Reiz mit Fieberthermometer) abgesetzt. Bei der späten Form handelt es sich meist um eine – bislang erfolglos behandelte – chronische Verstopfung.
Therapie
Die grundsätzliche Therapie besteht in der chirurgischen Entfernung des Darmabschnitts, der keine Ganglienzellen trägt. Handelt es sich um ein Neugeborenes mit der frühen Form, dann ist entscheidend, ob ein regelmäßiges Absetzen von Stuhl erreichbar ist, oder nicht. Setzt das Kind unter analer Stimulation regelmäßig Stuhl ab, wächst und gedeiht, dann kann meist auf einen künstlichen Darmausgang verzichtet werden. Ist das nicht der Fall oder liegen erschwerende Nebenerkrankungen vor, ist es nicht immer vermeidbar, zunächst einen künstlichen Darmausgang anzulegen, bis das Kind alt genug für die eigentliche Operation ist. Diese findet in der Regel innerhalb des ersten Lebensjahres statt. Auch bei der späten Form kann es zunächst von Vorteil sein, einen künstlichen Darmausgang anzulegen, vor allem, wenn der oberhalb des Hirschsprung-Segmentes gelegene Darm übermäßig erweitert ist. Meist erfolgt hier aber – nach Diagnosestellung – die eigentliche operative Korrektur. Zuvor erfolgt weitere Diagnostik zur Bestätigung der Diagnose. Neben einem Colonkontrasteinlauf, der sowohl das enggestellte, aganglionäre Segment, als auch die vorgeschaltete, sekundäre Erweiterung des Darmes zeigt, sichert eine von anal entnommene Schleimhautbiopsie die Diagnose.
Resektion
Die Resektion erfolgt vorzugsweise nach „de-la-Torre“. Hierbei wird versucht, die gesamte Entfernung des aganglionären Darmes über einen analen/perinealen Zugang durchzuführen. Evtl. ist es erforderlich, dieses über einen zusätzlichen Zugang zum Bauch zu unterstützen (als laparoskopisch unterstütze Resektion nach de-la-Torre). Nach der Operation ist zunächst mit einem sprunghaften Anstieg der Stuhlfrequenz zu rechnen. Im Laufe der nächsten Wochen und Monate wird sich dieses aber zunehmend regulieren. Bei optimalen Verläufen stellt sich dann ein ganz normales Stuhlverhalten ein. Häufiger ist jedoch, dass, auch nach der Resektion des aganglionären Darmes, weiterhin unterschiedlich stark ausgeprägte Störungen der Stuhlentleerung bestehen. Diese sind allerdings in den meisten Fällen konservativ beherrschbar. Ist dies nicht der Fall, muss geprüft werden, ob nicht noch ein kleiner Rest aganglionären Darmes verblieben und somit eine Reoperation erforderlich ist. Zurück zu Früh- und Neugeborenenchirurgie