Kinder- und Neugeborenenchirurgie

Analatresie


Die Analatresie ist eine Fehlanlage des Anus, die mit einer Häufigkeit von ca. 1:4.000 auftritt. Die Diagnose lässt sich in der Regel erst nach der Geburt im Rahmen der Erstuntersuchung stellen. Hierbei fällt auf, dass die eigentliche Analöffnungsstelle verschlossen ist. Wie bei den meisten Fehlbildungen des Magen-Darm-Traktes kommt auch die Analtresie gehäuft im Zusammenhang mit weiteren Fehlbildungen vor (z.B. Herzfehlbildungen, Nierenfehlbildungen).

Unterteilt werden die Analatresien – abhängig vom Geschlecht – nach dem Vorliegen einer Fistel.

Jungen

Perineale Fistel
Hier besteht eine Fistelverbindung zum Damm. Da diese mitunter so groß ist, dass sie wie ein Anus imponiert, der nur etwas weiter zum Damm/Skrotum verlagert ist, spricht man hier auch vom „anterior anus“. Ist die Fistel groß genug, dass Mekonium und Stuhl problemlos abgesetzt werden können, kann mit der operativen Versorgung abgewartet werden. Meist lässt sich diese Fistel auch aufdehnen, um das Absetzen von Stuhl weiter zu erleichtern. Bei der operativen Korrektur, die in den nächsten Wochen folgt, wird die Fistel ausgelöst, sparsam reseziert und der Darm wieder an seine eigentliche Öffnungsstelle ins Zentrum des Schließmuskelrings zurück versetzt. Die genaue Position innerhalb des Sphinkters wird durch Reizstrom ermittelt.
Rektourethrale Fistel
Bei dieser Form der Analatresie ist der Anus blind verschlossen und es besteht eine kleine Gangverbindung zur Harnröhre, die in unterschiedlicher Höhe in diese einmünden kann. Prinzipiell gilt, dass, je weiter die Einmündungsstelle zur Blase gelegen ist, desto aufwändiger die operative Korrektur. Mitunter wird etwas Mekonium über die Harnröhre abgesetzt, eine vollständige Stuhlentleerung über Fistel und Harnröhre ist aber nicht möglich und aufgrund des Infektrisikos auch nicht sinnvoll. Bei diesen Formen wird zunächst untersucht, wie weit das Ende des Rektums von der eigentlichen Analöffnungsstelle entfernt ist. Das geschieht rel. einfach durch eine Röntgenaufnahme im seitlichen Strahlengang. Die Analöffnungsstelle wird markiert, so dass sie auf dem Röntgenbild sichtbar ist und der Abstand zum luftgefüllten, und somit ebenfalls sichtbaren, Rektum kann gemessen werden. Nach Abklärung, ob weitere Fehlbildungen vorhanden sind, erfolgt hier zunächst die Anlage eine künstlichen Darmausgangs. Das sorgt dafür, dass der Stuhl künftig problemlos abgesetzt werden kann, der Enddarm mit Fistel aber nicht mehr mit Stuhl befüllt ist. Das senkt auch die Gefahr einer Harnwegsinfektes. Die eigentliche Korrekturoperation folgt dann einige Monate später, der künstliche Darmausgang wird dabei meist belassen und in einer dritten Operation zurückverlegt, wenn der Anus eingeheilt ist. Mitunter ist es aber auch möglich, den Anus praeter schon während der Rekonstruktionsoperation zurückzulegen, dieses wird im Einzelfall entschieden.
Rektovesikale Fistel
Das grundsätzliche Vorgehen bei dieser Form, bei der die Gangverbindung direkt zur Harnblase besteht, ist ähnlich dem bei rektrourethraler Fistel, also Diagnostik und Anlage eines Anus praeters. Die Korrekturoperation ist aber komplexer, da es in diesen Fällen häufig nicht möglich ist, die gesamte Operation vom Damm aus durchzuführen, sondern, zur Versorgung der Fistel, auch eine zusätzlicher operative Zugang über den Bauch erfolgen muss. Dieses kann zumeist laparoskopisch durchgeführt werden. Wichtig ist ein sicherer Verschluss und Resektion der Fistel. Der eigentliche Durchzug des Darmes und die Annaht innerhalb des Schließmuskelkomplexes, der bei dieser Form meist nur spärlich angelegt ist, erfolgt dann wieder analog zum Vorgehen bei rektourethraler Fistel.

Mädchen

Perineale Fistel
Ähnlich der Form beim Jungen liegt hier die sichtbare Analöffnung außerhalb des Schließmuskelkomplexes sehr nah an der Scheide. Wenn sichergestellt ist, dass das Mekonium bzw. der Stuhl hierüber problemlos abgesetzt werden kann, kann die Korrekturop. zeitnah einige Wochen später erfolgen.
Rektovestibuläre Fistel
Hier liegt die Fistel ebenfalls noch sichtbar im Eingang der Scheide, dem Vorhof oder Vestibulum. Beim Aufspreizen der Schamlippen lässt sich die Fistelöffnung innerhalb der Schleimhaut erkennen. Diese kann so groß sein, dass das vollständige Absetzen des Mekonium hierüber erfolgt, von außen entsteht der Eindruck, der Stuhl würde direkt über die Scheide abgesetzt. Hier besteht ein hohes Risiko für einen Harnwegsinfekt, so das diese Form der Analatresie entweder (bei sonst gesundem, reifen Kind) direkt operativ korrigiert wird, oder zunächst ein künstlicher Darmausgang angelegt wird, so dass der Stuhl vorher abgeleitet wird und nicht direkt in die Scheide läuft. Die Korrekturoperation erfolgt in diesen Fällen dann einige Monate später (analog zum Vorgehen bei rektourethralen/rektovesikalen Fisteln beim Jungen).
Rektovaginale Fistel
Diese Form, bei der die Fistel direkt in die Vagina einmündet, ist sehr selten, da in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, bei denen Stuhl über die Scheide abgesetzt wird, die Fistel in Vestibulum führt. Bei diesen Formen wird zunächst ein Anus praeter angelegt und die Korrekturop. einige Monate später durchgeführt. Fisteln zu Harnröhre oder Harnblase kommen beim Mädchen eigentlich nicht vor, da hier Vagina (und Uterus) zwischen Harnröhre und Blase liegen und die Fistel deshalb vorher hier einmündet. Ebenfalls selten sind Formen ohne Fistel (beim Jungen und beim Mädchen), bei denen der Abstand des blind endenden Rektums zur Analöffnungsstelle entscheidet, ob eine operative Korrektur sofort nach der Geburt möglich ist, oder ob auch hier zunächst ein künstlicher Darmausgang angelegt werden muss. Zurück zu Früh- und Neugeborenenchirurgie