Ziel der operativen Therapie des Brustkrebs (Mammakarzinom) ist die Tumorentfernung im Gesunden. Entscheidend für das Vorgehen ist die Lokalisation und Größe des Tumors, die Brustgröße, das Alter der Patient*innen und die Wünsche der Patient*innen nach Brusterhaltung. Das operative Standardverfahren stellt die sogenannte brusterhaltende Operation (BET) dar. Darunter versteht man die Entfernung des Tumors zusammen mit einem Saum gesunden Brustgewebes unter Erhaltung eines natürlichen Aussehens der Brust. Manchmal ist zur Erhaltung eines natürlichen Aussehens der Brust eine Brusterhaltung nur im Sinne einer Brustverkleinerung möglich. Eine anschließende Bestrahlung der verbliebenen Brust zur Verhinderung von Lokalrezidiven ist obligat. Als erstes Zentrum in Deutschland führt die Frauenklinik des UKM zusammen mit der Abteilung für Strahlentherapie eine Strahlenbehandlung der Tumorregion während der Operation durch - die sogenannte intraoperative Bestrahlung (IORT). Es ist zu hoffen, daß hierdurch die Rezidivhäufigkeit in der betroffenen Brust noch zusätzlich gesenkt werden kann. Auf jeden Fall kann die nachfolgende Bestrahlung der gesamten Brust zeitlich deutlich verkürzt werden. Dieses Verfahren ist jedoch nicht bei allen Patient*innen möglich und sinnvoll. Dies sollte individuell entschieden werden. Es gibt verschiedene Gründe, weshalb eine brusterhaltende Operation nicht sinnvoll ist. Stattdessen wird in diesen Fällen der gesamte Brustdrüsenkörper mit der Haut einschließlich der Brustwarze entfernt (Ablatio, Mastektomie). In einigen Fällen kann eine primäre Chemotherapie sinnvoll sein. Der Tumor kann dadurch häufig verkleinert werden, so dass nach abgeschlossener Chemotherapie eventuell doch noch brusterhaltend operiert werden kann. Die operative Entfernung und feingewebliche Untersuchung der Achsellymphknoten wird unabhängig von der gewählten Operationstechnik an der Brust durchgeführt. Sie ist für die nachfolgende Therapieplanung unerläßlich. Nebenwirkungen wie Lymphödem und Bewegungseinschränkung des Armes sind sehr selten. Gegenwärtig ist bei unauffälligen Achsellymphknoten die Entfernung und Untersuchung des Wächterlymphknotens ("sentinel node") Standard. Der Wächterlymphknoten ist der erste Lymphknotens in der Abflußbahn des Tumors, der Tumorzellen aus der Brust erhält. Mithilfe einer radioaktiv-markierten Substanz kann der "sentinel node" entdeckt und gezielt entfernt werden. Ist dieser tumorfrei, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, daß auch die weiteren Lymphknoten tumorfrei sind. In diesem Fall würden keine weiteren Lymphknoten entfernt werden. Ist der "sentinel node" mit Tumorzellen befallen, werden klassisch noch weitere Lymphknoten (ca. 10-15) entfernt werden. Wir führen diese Operationstechnik routinemäßig durch. Die Entfernung der Brust bedeutet für viele Patient*innen ein psychisches Trauma und eine Einschränkung der Lebensqualität. Aus diesem Grunde kann eine operative Rekonstruktion der Brust mit Fremdmaterial oder Eigengewebe durchgeführt werden. Diese hat neben der Wiederherstellung der körperlichen Integrität auch das Ziel der Defektdeckung und Volumenersatz. Die Rekonstruktion kann unmittelbar nach der Brustentfernung oder nach einem Zeitintervall erfolgen. Plastische Operationen verschlechtern die Prognose der Erkrankung nicht. Für eine Brustrekonstruktion kann körpereigenes Gewebe oder fremdes Material (Implantat) verwendet werden. Für die Rekonstruktion aus Eigengewebe bietet sich Gewebe vom Rücken oder Bauch an. Beim Latissimus-dorsi-Schwenklappen wird der große Rückenmuskel mit Haut und Bindegewebe verwendet. Dieses Verfahren bietet sich bei einer kleinen bis mittelgroßen Brust an. Reicht die Gewebemenge nicht aus, kann dieses Verfahren mit einer Implantateinlage verbunden werden. Beim TRAM-Schwenklappen (Transversus-rectus-abdominis-Muskel) wird der Bauchmuskel mit Haut und Unterhautfettgewebe verwendet. Alternativ dazu kann auch der DIEP-Lappen angewandt werden, hierzu ist ein mikrochirurgischer Eingriff notwendig. Der Bauchmuskel bleibt erhalten. Dieser Eingriff wird in Kooperation mit unseren plastischen Chirurgen durchgeführt. Diese enge Kooperation wird mit der Fachklinik Hornheide gewährleistet. Diese hat zur Bedeutung, dass bei Rekonstruktionen dieser Art, die tumorchiurgische Operation durch uns durchgeführt wird, in der selbigen Operation der Schwenklappen aus dem Bauch durch die plastischen Chirurgen erfolgt. Bei der Wiederherstellung der Brust mit Fremdmaterial wird häufig ein dehnbarer Expander unter den Brustmuskel geschoben. Dieser wird nach der Operation schrittweise über ein Ventil mit Flüssigkeit gefüllt. So wird eine Dehnung des Gewebes erreicht. Schließlich wird in einer weiteren Operation der Expander gegen eine Silikonprothese getauscht. In einigen Fällen ist es auch möglich die Silikonprothese sofort einzusetzen, ohne vorher einen dehnbaren Expander einzusetzen. Dieses muss jedoch individuell entschieden werden. Zur Wiederherstellung der Brustwarze kann die gesunde Brustwarze der Gegenseite geteilt oder Haut vom Oberschenkel verwendet werden. Gute Ergebnisse können auch mit einer Tätowierung erreicht werden. Auch diese Methode kann in unserem Brustzentrum angeboten werden. Die Tätowierung wiederum ist kein operativer Eingriff, dieser wird ambulant in lokaler Betäubung durchgeführt. Darüber hinaus werden zur Zeit Erfahrungen mit der Bestimmung Zytokeratinpositiver Zellen im Knochenmark gesammelt. Hierdurch kann eine eventuell vorhandene Mikrometastasierung erkannt werden. Unter einer Mikrometastasierung versteht man die Ausschwemmung einzelner Tumorzellen ins Knochenmark, was durchaus auch in einem vermeintlichen Frühstadium der Erkrankung der Fall sein kann. Sämtliche Patient*innen, bei denen sich in der Diagnostik eine Indikation zur bioptischen Abklärung ergibt, werden ohne Ausnahme in den interdisziplinären Brustkonferenzen (Teilnehmer: Gynäkologe [Brustoperateur], Radiologe und Pathologe) besprochen. Die Patient*innen werden stets unmittelbar über die Konferenzempfehlung informiert. Jeder Abklärungsschritt wird unseren Patient*innen erläutert. Sie wird ermutigt, Fragen zu stellen und in die Lage versetzt, die Entscheidung über das Vorgehen mitzubestimmen. Alle Mitglieder des multidisziplinären Teams stehen auf Wunsch der Patient*innen zur Beantwortung ihrer Fragen zur Verfügung (interdisziplinäre Sprechstunde). Die Konferenzen werden von einem Moderator geleitet, der für den Ablauf der Entscheidungsfindung verantwortlich ist. Die Entscheidungen erfolgen ausschließlich im Konsens aller Teilnehmer. Das jeweilige Ergebnis wird gemeinsam formuliert. Die Konferenzen finden während Diagnostik und Therapie zu vier Zeitpunkten statt:
- Postbiopsiekonferenz - Radiologisch-pathologische Korrelation, Entscheidung über das weitere Management
- Präoperative Konferenz - Operationsplanung einschließlich operative Qualitätssicherung während der OP
- Postoperative Konferenz - Qualitätssicherung der Operation, Risikoeinstufung
- Postoperative Tumorkonferenz - Entscheidung über Strahlen- und medikamentöse Therapie
Bei der postoperativen Tumorkonferenz nehmen zusätzlich zu den bereits drei genannten Disziplinen noch Strahlentherapeuten und Nuklearmediziner teil. zurück