Klinik für Neurologie mit Institut für Translationale Neurologie

Virtual-Reality-Tour durch das eigene Gehirn: Den Tumor sehen und verstehen

Für ein besseres Verständnis: (v.l.) Dr. Dr. Oliver Grauer, Jonas Thiet und Dr. Markus Holling mit der VR-Brille.
Im UKM-Hirntumorzentrum erhalten Patienten mithilfe einer VR-Brille dreidimensionale Einblicke in ihren Kopf.
ukm/lie

Jonas Thiet erinnert sich gut an das Gefühl der Unsicherheit. Als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. „Ich war erst mal völlig mit der Situation überfordert“, blickt der heute 27-Jährige auf die erste Zeit nach der Diagnose „Hirntumor“ zurück. Damals – vor knapp drei Jahren – half es ihm, so viel wie möglich über seine Erkrankung und die Therapiemöglichkeiten zu erfahren. Daher zögerte Thiet nicht lang, als ihm Dr. Markus Holling, Oberarzt in der Klinik für Neurochirurgie des UKM (Universitätsklinikum Münster), jetzt im Rahmen der Nachsorgeuntersuchungen im UKM-Hirntumorzentrum anbot, mithilfe einer VR-Brille (VR = virtual reality) eine Reise ins eigene Gehirn zu unternehmen.

„Manche kennen VR-Brillen bereits von der heimischen Spielkonsole – im Zentrum nutzen wir diese Technik aber nun zur besseren Visualisierung des Hirntumors“, erklärt der Mediziner. „Patienten sollten so gut es geht über ihre Erkrankung Bescheid wissen“, betont auch sein Kollege Dr. Dr. Oliver Grauer, Oberarzt in der Klinik für Neurologie. Als erstes Hirntumorzentrum in Europa setzt das interdisziplinäre Team rund um Grauer und Holling die VR-Technik mit einer neuen Software aus der Schweiz ein, um z.B. vor einer Operation die genaue Lage des Tumors und die benachbarten Regionen zu veranschaulichen und einen Eindruck davon zu vermitteln, was während des Eingriffes passiert. Das Modell des Gehirns wird dabei anhand von MRT-Aufnahmen generiert. Der Patient kann sich die Bilder durch die VR-Brille direkt in 3D ansehen. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, die virtuelle Tour durch den Kopf an einem großen Bildschirm zu verfolgen. „Dabei ist keinerlei anatomisches Vorwissen erforderlich“, erzählt Holling. „Wir sind immer dabei und erklären die relevanten Strukturen.“

Jonas Thiet, bei dem der Tumor bereits kurz nach der Diagnose erfolgreich entfernt wurde, kommt nach einer anschließenden Chemo- und Strahlentherapie heute noch regelmäßig alle drei Monate zur Nachsorge aus seinem ostfriesischen Heimatort nach Münster. Bei Patienten wie ihm können die Mediziner mit Hilfe der VR-Technologie das Ergebnis nach einer OP darstellen. „Ein Hirntumor ist eine sehr komplexe Erkrankung“, sagt Holling. „Das ist was anderes als ein gebrochenes Bein. Die Betroffenen haben vor und nach dem Eingriff viele Fragen – z.B. zu den neurologischen Folgen oder dem weiteren Therapieverlauf.“ Auch Thiet suchte so viele Antworten wie möglich. „So habe ich gesehen, was alles möglich ist“, erzählt der gelernte Koch, der inzwischen ein eigenes Restaurant betreibt. Das Vertrauen in die Ärzte, in die neuen Verfahren und Technologien helfe ihm, wieder ein Stück Sicherheit zurückzugewinnen.

 
 
 
 

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