Rund 1200 Experten diskutierten in Münster bei der 69. Jahrestagung der Gesellschaft für Neurochirurgie vom 3. bis 6. Juni 2018. Erstmals nahmen Fachgesellschaften aus Mexiko und Kolumbien teil. Ausrichter war das Team um Kongresspräsident Prof. Dr. Walter Stummer.
Vier Kongresstage, insgesamt 350 Vorträge, Keynotes und Sessions, eine riesige Industrieausstellung: Die Halle Münsterland stand Anfang Juni ganz im Fokus der Neurochirurgie. Zentrale Schwerpunkte waren neben den neuroonkologischen Themen die Wirbelsäulenchirurgie, Epilepsiechirurgie und Intraoperatives Imaging. „Unser Ziel ist es, auch bei den unheilbaren Erkrankungen eine möglichst lange, gute Prognose für die Patienten zu schaffen“, sagt Stummer. Insbesondere die Therapie bösartiger Hirntumoren hat in den vergangenen Jahren wichtige Fortschritte gemacht: Mit immer weiter verfeinerten OP-Techniken, moderner intraoperativer Funktionsüberwachung und Bildgebung geht die Überlebenszeit beim Glioblastom, einer der schlimmsten Erkrankungen, von ein paar Monaten mittlerweile hin zu einigen Jahren – und das bei oftmals guter Lebensqualität.
Als ein Hoffnungsträger gilt derzeit die sogenannte dendritische Zelltherapie, quasi eine Impfung gegen Krebs. „Die Forschung ist auf einem guten Weg und im Rahmen der Düsseldorfer GlioVax-Studie wird zum Beispiel aktuell untersucht, ob eine Impfung zusätzlich zur Standardtherapie mit OP und Radiochemotherapie die Überlebenszeit für Glioblastom-Patienten verlängern kann“, so der Neurochirurg. Dafür werden körpereigene Abwehrzellen aus dem Blut des Patienten mit Zellen des entnommenen Tumorgewebes gewissermaßen umprogrammiert. Sie präsentieren dann dem Immunsystem Eiweiße der Tumorzellen und können so andere körpereigene Immunzellen, welche gegen diese Eiweiße gerichtet sind, aktivieren. Diese Abwehrzellen sollen die nach der Operation verbliebenen Tumorreste, so die Hoffnung der Forscher, zerstören beziehungsweise das Wachstum hemmen.
Stummer als Präsident verabschiedet
Neben diesen inhaltlichen Höhepunkten ist es Stummer und seinem Organisationsteam erstmals gelungen, im Rahmen eines Joint-Meetings auch zwei lateinamerikanische Fachgesellschaften – aus Mexiko und Kolumbien – mit in den Kongress einzubinden. „Es war schon außerordentlich, wie viele internationale Gäste wir begrüßen durften“, freut sich Stummer, der im Rahmen des Festaktes im Historischen Rathaus der Stadt Münster neben dem Dank an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Organisation auch den Mitgliedern der Gesellschaft für Neurochirurgie für das ihm entgegengebrachte Vertrauen dankte. Denn mit der Ausrichtung der Jahrestagung endet Stummers Amtszeit als Präsident. „Gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen habe ich einiges verändert, es war einfach die Zeit dafür“, fasst Stummer zusammen. „Eine wissenschaftliche Fachgesellschaft wird zunehmend wichtiger, weil wir Ansprechpartner für die Politik in vielerlei Hinsicht sind und dieser Rolle auch gerecht werden wollen. Wichtige Themen sind zum Beispiel die Qualitätssicherung und Weiterbildung, da ist viel passiert in den letzten Jahren. Dafür mussten wir neue Strukturen schaffen und ich denke, wir konnten jetzt ein aufgeräumtes Feld übergeben.“ Als Nachfolger wurde der bisherige Stellvertreter von Walter Stummer gewählt, Prof. Dr. Volker Tronnier, Direktor der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.