Klinik für Medizinische Genetik

Analyse genetischer Prädispositionsfaktoren bei Fehlgeburten

Wiederholte (oder habituelle/rezidivierende) Fehlgeburten (Spontanaborte) sind häufig und stellen somit ein wichtiges Thema der Reproduktionsmedizin dar. Genetische Faktoren spielen bei habituellen Aborten eine entscheidende Rolle. Etwa 10-15% aller Schwangerschaften enden mit einem Abort und ca. 5% davon sind habituelle Aborte. Vererbbare Thrombophilien (die Neigung zur verstärkten Blutgerinnung) werden immer mehr als Risikofaktoren für habituelle Aborte wahrgenommen.
Unsere Arbeitsgruppe identifizierte 2007 einen neuen genetischen Risikofaktor, der mit einer Veranlagung zu wiederholten Aborten assoziiert ist. Im Regulationsbereich des Annexin A5 (ANXA5) Gens kommen mehrere Varianten vor, die gemeinsam einen Risikomarker (Risiko-Haplotyp) darstellen, und als M2/ANXA5 (RPRGL3 OMIM #614391), bezeichnet werden. Annexin A5 hemmt die Blutgerinnung und ist auf der Oberfläche (Chorion) der Plazenta (Mutterkuchen) angereichert (Abbildung). Durch unsere Studien und die weiterer Arbeitsgruppen konnten bislang gezeigt werden:
  • Ca. 15% der europäischen Bevölkerung sind Träger von M2/ANXA5. Die bislang untersuchten Kohorten sind aus Deutschland, Italien, Bulgarien und UK. In der asiatischen Bevölkerung, bislang untersucht bei Japanern, ist die Verbreitung dieser Gen-Variante etwas geringer, um die 11%. Im Gegensatz dazu wurde M2/ANXA5 bei 42% der malaysischen Bevölkerung (austronesischen Ursprungs) nachgewiesen. Dazu passend ist die Häufigkeit von Spontanaborten in dieser Bevölkerung ziemlich hoch.
  • Bei allen bislang untersuchten Patientengruppen ist die Trägerschaft von M2/ANXA5 mit einem um das 2-fach erhöhten Risiko für wiederholte Spontanaborte assoziiert.
  • Dieses Risiko ist mit dem Risiko für Trägerinnen der ‘klassischen’ thrombophilie-assoziierten Risikofaktoren (Faktor V Leiden und Prothrombin, Faktor II) vergleichbar.
  • M2/ANXA5 ist der einzig bekannte Thrombophilie-Faktor, der mit einem erhöhten Risiko für Frühaborte (hauptsächlich 10 – 15. Schwangerschaftswoche) assoziiert ist.
  • Im Unterschied zu den Faktor V Leiden- und Prothrombin-Mutationen scheint M2/ANXA5 eine Wirkung auf die embryonale Antikoagulation (die natürliche Neigung gegen verstärkte Blutgerinnung) zu haben. Passend dazu belegen unsere Studien, dass auch die M2/ANXA5-Trägerschaft bei Männern mit dem etwa gleichen Risiko für wiederholten Aborte assoziiert ist wie bei Frauen.
  • Kürzlich durchgeführte klinische Studien mit Heparin (niedrig-molekulargewichtigem Heparin, NiMH) bei schwangeren Frauen zeigten ein verringertes Abortrisiko bei Paaren, bei denen mindestens einer der Partner Träger von M2/ANXA5 ist.
Unser aktuelles Forschungsprojekt, gefördert von der DFG, hat als Hauptziel, den Mechanismus aufzuklären, wie M2/ANXA5 zu wiederholten Aborten durch verstärkte plazentare Thrombosen führt. Dies soll zukünftig dazu dienen, möglich Wirkstoffe zu identifizieren, die für eine Behandlung eingesetzt werden können.

Ausgewählte Publikationen

Bogdanova N, Horst J, Chlystun M, Croucher PJ, Nebel A, Bohring A, Todorova A, Schreiber S, Gerke V, Krawczak M, Markoff A. A common haplotype of the annexin A5 (ANXA5) gene promoter is associated with recurrent pregnancy loss.
Hum Mol Genet. 2007 Mar 1;16(5):573-8. Markoff A, Gerdes S, Feldner S, Bogdanova N, Gerke V, Grandone E.Reduced allele specific annexin A5 mRNA levels in placentas carrying the M2/ANXA5 allele.Placenta. 2010 Oct;31(10):937-40. doi: 10.1016/j.placenta.2010.08.002. Rogenhofer N, Engels L, Bogdanova N, Tüttelmann F, Thaler CJ, Markoff A.Independent association of the M2/ANXA5 haplotype with recurrent pregnancy loss (RPL) in PCOS patients.Metabolism. 2013 Aug;62(8):1057-60. doi: 10.1016/j.metabol.2013.02.005. Thean Hock T, Bogdanova N, Kai Cheen A, Kathirgamanathan S, Bin Abdullah R, Mohd Yusoff N, Zaidah Abdullah W, Syima Abdul Manaf F, Wieacker P, Markoff A. M2/ANXA5 haplotype as a predisposition factor in Malay women and couples experiencing recurrent spontaneous abortion: a pilot study. Reprod Biomed Online. 2015 Apr;30(4):434-9. doi: 10.1016/j.rbmo.2014.12.014. Rogenhofer N, Markoff A, Wagner A, Klein HG, Petroff D, Schleussner E; EThIG II Group., Thaler CJ.Lessons From the EThIGII Trial: Proper Putative Benefit Assessment of Low-Molecular-Weight Heparin Treatment in M2/ANXA5 Haplotype Carriers.Clin Appl Thromb Hemost. 2017 Jan;23(1):27-33.
 
 
 
 
 
 
 

Verantwortlicher

PD Dr. rer. nat. Arseni Markov (Markoff)
T 0251 83-55403
F 0251 83-55431

Mitarbeiter

Priv.-Doz. Dr. (BG) Nadja Bogdanova

Prof. Dr. med. Peter Wieacker

Dr. rer. nat. Albrecht Röpke

Kooperationspartner

Prof. Dr. Stefan Schlatt, CeRA, Münster

Priv. Doz. Dr. Nina Rogenhofer, LMU MünchenPriv. Doz. Dr. David Petroff, ZKS Leipzig

Prof. Dr. Tang Thean Hock, USM Malaysien PenangProf. Dr. Mitsumori Kawaminami, Kitasato University, Tokyo, Japan

Prof. Dr. Ivo Kremsnsky, National Genetics Laboratory, Sofia, Bulgarien

Dr. Silvia Andonova, National Genetics Laboratory, Sofia, Bulgarien

Dr. Gabriela De Larranaga, Hospital F. Muniz, Buenos Aires, Argentina

Prof. Dr. Simon Fishel, CARE Fertility Units, Manchester, UK