Klinik für Nuklearmedizin

Radioiodtherapie bei bösartigen Schilddrüsenerkrankungen - Schilddrüsenkarzinom -

Weitere Informationen zum Schilddrüsenkarzinom sowie zur Radioiodtherapie finden Sie in unserer Patientenbroschüre "Schilddrüsenkrebs".

Die Schilddrüsenkarzinome können feingeweblich (histologisch) in differenzierte, undifferenzierte (anaplastische) und medulläre Karzinome eingeteilt werden. Histologisch handelt es sich bei den differenzierten Schilddrüsenkarzinomen meist um papilläre Karzinome (ca. 70 %), gefolgt von follikulären Karzinomen (ca. 20 %). Die sehr aggressiven, anaplastischen Karzinome treten glücklicherweise sehr selten auf (ca. 2 %). Auch medulläre Karzinome, die von den C-Zellen ausgehen und über das Hormon Calcitonin den Calcium-Stoffwechsel regulieren, gehören zu den selteneren Schilddrüsenkarzinomen (ca. 8 %).

Bei den differenzierten Schilddrüsenkarzinomen sind die Eigenschaften des gesunden Schilddrüsengewebes weitgehend erhalten (z. B. Iodspeicherung). Somit sind sie der Radioiodtherapie, die etwa vier Wochen nach der Schilddrüsenoperation erfolgt, zugänglich. Hierbei erhält die Patientin oder der Patient eine Kapsel oder Flüssigkeit mit radioaktivem Iod (131I). Dies wird von den Schilddrüsenzellen und differenzierten  Schilddrüsenkarzinomzellen in gleicher Weise wie „normales“, mit der Nahrung zugeführtes Iod aufgenommen und bewirkt durch die ausgesandte ß-Strahlung eine Zerstörung des nach der Operation verbliebenen Schilddrüsenrestgewebes sowie möglicher Tumorabsiedlungen (Metastasen).

Terminvereinbarung und Ansprechpartner

Für ein erstes ausführliches, ambulantes Gespräch sowie die stationäre Radioiodtherapie kann telefonisch ein Termin in unserer Schilddrüsenambulanz unter 0251 83-47349 vereinbart werden.

Vorbereitung auf  die Untersuchung

Im Vorfeld erhobene Befunde wie OP-Bericht, histologischer Befund, Entlassungsbrief, HNO-Befund sowie Laborparameter sollten uns unbedingt vorliegen. Eine erhöhte Iodzufuhr  z. B. durch die Gabe von iodhaltigen Röntgenkontrastmitteln (z.B. bei Computertomographien oder Angiographien), Medikamenten (z.B. Amiodaron, iodhaltige Desinfektionsmittel) oder Nahrungsergänzungsmitteln mit relevantem Iodanteil sollte in den letzten 6-8 Wochen vor der Radioiodtherapie vermieden werden.

Zudem sollte uns die aktuelle Medikation bekannt sein.

Um eine optimale Iodaufnahme zu erreichen, muss die Radioiodtherapie unter TSH-Stimulationsbedingungen erfolgen, das heißt, dass der TSH-Wert (Schilddrüse-stimulierendes Hormon) deutlich oberhalb des Normwertes liegen muss. Die Patientin oder der Patient befindet sich also vom Stoffwechsel her in einer Schilddrüsenunterfunktion. Auf diese Weise wird eine optimale Iodaufnahme möglicher noch verbliebener Schilddrüsen- oder Schilddrüsenkarzinomzellen gewährleistet. Daher muss nach der Operation auf die Gabe von Schilddrüsenhormonen als Substitutionstherapie bis zur Radioiodtherapie unbedingt verzichtet werden.

Ablauf der Therapie

In der Zeit zwischen Operation und Radioiodtherapie findet ein ausführliches, ambulantes Aufklärungsgespräch statt, in dem die Beschwerden und Vorerkrankungen besprochen und der Ablauf der Therapie detailliert erklärt wird. Zudem wird eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung) des Halses zur Beurteilung des Schilddrüsenrestgewebes bzw. Narbengewebes und der Lymphknoten durchgeführt. Außerdem erfolgt eine Blutentnahme.

Am Tag der stationären Aufnahme findet erneut ein Gespräch mit der Stationsärztin oder dem Stationsarzt statt. Anschließend erfolgt eine körperliche Untersuchung. Zudem wird eine erneut Blutentnahme zur Bestimmtung der aktuellen Laborparameter durchgeführt. Meist wird der Hals nochmals sonographisch untersucht. Bei Patientinnen im gebärfähigen Alter muss vor der Therapie eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden.

Nun erhält die Patientin oder der Patient eine Testkapsel mit einer sehr geringen Aktivität (Radioiodtest). Nach 24 Stunden kann dann die Iodaufnahme („uptake“) gemessen und so das verbliebene Restgewebe abgeschätzt werden. In Abhängigkeit des Ergebnisses wird dann die Aktivität für die Therapiekapsel festgelegt.

Am Folgetag erhält die Patientin oder der Patient die Therapiekapsel mit einem Glas Wasser (bei Schluckstörungen kann im Vorfeld auch die Gabe einer Flüssigkeit vereinbart werden). Auch im weiteren Verlauf des stationären Aufenthalts sollte auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr und regelmäßige Entleerung der Harnblase geachtet werden. Das radioaktive Iod (131I) mit einer physikalischen Halbwertszeit von etwa 8 Tagen reichert sich  nun in den Iod-aufnehmenden Zellen an und führt so durch die ausgesandte ß-Strahlung zu einer Zerstörung des nach der Operation verbliebenen Schilddrüsenrestgewebes sowie möglicher Tumorabsiedlungen (Metastasen).

Einige Tage nach der Entlassung wird eine 131I-Ganzkörperszintigraphie durchgeführt, um neben dem verbliebenen Schilddrüsenrestgewebe mögliche Metastasen diagnostizieren zu können. Die Bilder werden mit einer empfindlichen Kamera (Gammakamera) aufgenommen. Auf den so angefertigten Ganzkörperaufnahmen und Schichtbildern (v.a. des Halsbereiches) kann die Verteilung des Radioiods im Körper sichtbar gemacht und so mögliches Schilddrüsenrestgewebe oder Schilddrüsenkarzinomgewebe genau erkannt werden.

Aus Gründen des Strahlenschutzes darf eine Radioiodtherapie nur auf einer nuklearmedizinischen Therapiestation durchgeführt werden (allgemeine Informationen zu unserer von-Hevesy-Station erhalten Sie hier). Bei täglichen Messungen kann die von der Patientin oder dem Patienten ausgehende Strahlung bestimmt werden. Noch während des stationären Aufenthalts kann meist mit der Schilddrüsenhormonsubstitutionstherapie begonnen werden.

Mögliche Risiken und Komplikationen

Die Radioiodtherapie ist mit einer Strahlenexposition verbunden, die auf die ausgesandte ß- und γ-Strahlung zurückzuführen ist.

Um einer Gastritis vorzubeugen, erhalten die Patientinnen und Patienten einen medikamentösen Magenschutz.

Zum Schutz der Speicheldrüsen bekommen die Patientinnen und Patienten Zitronensaft und werden gebeten saure Bonbons zu lutschen oder Kaugummi zu kauen, um den Speichelfluss anzuregen.

Sehr selten kann es v. a. bei sehr großem Restschilddrüsenvolumen zu einer Entzündung des Schilddrüsenrestgewebes kommen, die falls erforderlich durch Kühlen und entzündungshemmende Medikamente behandelt werden kann.

Bei wiederholten Radioiodtherapien mit sehr hohen Gesamtaktivitäten, wie sie jedoch lediglich bei intensiven Therapien von Fernabsiedlungen des Schilddrüsenkrebses erforderlich sind, kann es zudem zu einer Schädigung des Knochenmarks mit Blutbildungsstörungen kommen. Zudem birgt die Therapie mit sehr hohen Gesamtaktivitäten das Risiko eines möglichen strahlenbedingten Folgekrebses, wobei jedoch das Risiko des Tumors selbst wesentlich größer eingeschätzt wird.

Weiteres Vorgehen

Am Entlassungstag erhält die Patientin oder der Patient einen vorläufigen Entlassungsbrief. Die Mindestaufenthaltsdauer auf einer nuklearmedizinischen Therapiestation nach Radioiodtherapie beträgt 48 Stunden. Zudem muss der vorgeschriebene Grenzwert der vom Patienten ausgehenden Strahlung unterschritten sein. Einige Tage nach der Entlassung werden eine Ganzkörperaufnahme sowie eine SPECT/CT des Halses erstellt. Diese Untersuchung dauert ungefähr 45 Minuten. Der Termin wird bei der Entlassung mitgeteilt. In den folgenden Wochen senden wir den ausführlichen, schriftlichen Arztbrief an die Hausärztin oder den Hausarzt.

Nach der Entlassung muss die Substitutionstherapie mit Schilddrüsenhormonen optimal eingestellt werden. Hierzu sind ggf. zwischenzeitliche hausärztliche Kontrollen des TSH-Wertes und ggf. eine Anpassung der Dosierung – gerne auch nach Rücksprache mit uns (F 0251 83-44755) –notwendig. Die Häufigkeit und Zeitabstände möglicherweise erforderlicher Kontrollen sowie der angestrebte TSH-Wert werden dem Patienten oder der Patientin bei Entlassung von unserer Von-Hevesy- Station mitgeteilt. Da der TSH-Wert jedoch recht träge auf die L-Thyroxin-Substitution reagiert, sind meist Änderungen der Dosierung vor der ersten ambulanten Wiedervorstellung bei uns nicht erforderlich. Der erste ambulante Termin in unserer Schilddrüsenambulanz findet in der Regel etwa 8 Wochen nach der Therapie statt.

In Anlehnung an die Leitlinien hat sich in unserer Klinik ein Nachsorgeschema für Patientinnen und Patienten mit Schilddrüsenkarzinom bewährt, bei dem eine stationäre Kontrolle mit diagnostischer 131I-Ganzkörperszintigraphie (Radioiodkontrolle) 6 - 9 Monate nach der ersten Radioiodtherapie erfolgt. Bei unauffälligem Verlauf (Tumormarker, Sonographie, etc.) sind keine weiteren stationären Nachsorgen erforderlich. Ambulante Kontrollen (Karzinomkontrolle) finden in der Regel in jährlichen Abständen statt.

 
 
 
 
 
 
 

Kontakt

Klinik für Nuklearmedizin Albert-Schweitzer-Campus 1, Gebäude A1
(ehem.: Albert-Schweitzer-Straße 33)
48149 Münster 

Tel.: 0251 - 83 47362 Google Maps